Soziale Medien Erst twittern, dann zittern?
Eigentlich hatte er es gut gemeint: Ein Krankenhausarzt berichtete auf einer Social-Media-Seite über einen tragischen Patientenfall aus seiner Klinik. Dabei nannte er weder den Namen des Patienten noch das Krankenhaus. Ein Angehöriger des Betroffenen recherchierte jedoch im Netz über die Klinik und stieß zufällig auf den Arzt, weil dieser den Namen des Krankenhauses an anderer Stelle im Internet und in einem völlig anderen Zusammenhang erwähnt hatte. Die Verbindung zu dem Posting ließ sich leicht herstellen, der Angehörige konnte den Bericht zum Krankheitsverlauf direkt zuordnen.
Ein typisches Beispiel, wie die ärztliche Schweigepflicht durch Online-Beiträge unbeabsichtigt verletzt wird. „Auch vermeintlich anonymisierte Aussagen können über Verknüpfung mit anderen Informationen nachvollziehbar werden“, warnt die Bundesärztekammer.
Patienten vor dem Post um Einverständnis bitten
Bricht ein Arzt mit dererlei Postings die Schweigepflicht, muss er mit strafrechtlichen (§ 203 Strafgesetzbuch), berufs- und zivilrechtlichen Konsequenzen rechnen. Auch das Ansehen der Ärzteschaft und das Vertrauen der Patienten in die Heilkunde kann beschädigt werden. Bevor man als Arzt also patientenbezogene Informationen ins Netz stellt, sollte man sich genau fragen, welche Zielsetzung damit verfolgt wird – und den Patienten ggf. um sein Einverständnis bitten.
Juristisch haarig kann es zudem werden, wenn Ärzte sensible Inhalte wie Fotos und andere persönliche Beiträge in sozialen Medien verbreiten. Denn wer solche Informationen einstellt, verliert weitgehend die Kontrolle über das Verbreiten und Verwenden dieser Daten.
Die Handreichung „Ärztinnen und Ärzte in sozialen Medien“ der Bundesärztekammer beschreibt einen weiteren Fall. Diesmal hatte sich ein Hautarzt viel Ärger eingefangen. Auf der Seite seiner Praxis konnten Patienten Bewertungen abgeben. Wer dort eine Nachricht hinterließ, wurde allerdings wenige Wochen später vom Hersteller einer Aknesalbe via Freundschaftsanfragen kontaktiert. Einige der Patienten sahen nun den Arzt und seine Praxis in der Verantwortung für die unerwünschte Kontaktaufnahme.
Nutzen Ärzte soziale Medien im beruflichen Umfeld, sollten sie sich vor jeder Veröffentlichung genau informieren, was mit den Daten laut Allgemeinen Geschäftsbedingungen des sozialen Netzwerks alles gemacht werden kann und welcher Personenkreis die Einträge sieht. Man sollte auch immer die technischen Möglichkeiten abklopfen, wie die eigene Privatsphäre in sozialen Medien am besten geschützt ist.
12 Regeln für das Schreiben von Postings
- Ärztliche Schweigepflicht beachten
- Keine Kollegen diffamieren – Netiquette beachten
- Grenzen des Arzt-Patient-Verhältnisses nicht überschreiten
- Grenzen der Fernbehandlung beachten
- Zurückhaltung hinsichtlich öffentlicher Diskussion medizinischer Themen auf sozialen Plattformen
- Keine berufswidrige Werbung über soziale Medien
- Verantwortung wächst mit Reichweite
- Datenschutz und Datensicherheit beachten
- Kein Bereitstellen von Approbationsurkunden, Zeugnissen und anderen Urkunden
- Selbstoffenbarung von Patienten verhindern
- Zurückhaltung bei produktbezogenen Aussagen
- Haftpflichtversicherung checken
Dr. Peter Bobbert, der Ko-Vorsitzende des Ausschusses „Digitalisierung in der Gesundheitsversorgung“ der Bundesärztekammer, verweist zudem darauf, dass der Austausch über soziale Medien die Patienten-Arzt-Beziehung „ungünstig beeinflussen und mit datenschutzrechtlichen Problemen und weiteren juristischen Fragestellungen einhergehen“ kann. Dieser Gefahren müssten sich Ärzte bei jeglicher Nutzung von Social Media bewusst sein und das Vertrauen des Patienten sowie dessen Daten stets schützen. „Bei sozialen Medien wird oft unterschätzt, wie schnell sich einzelne Informationen verbreiten und diese absichtlich falsch verstanden oder noch nach Monaten und Jahren einen sog. Shitstorm auslösen können“, stellt Dr. Bobbert klar.
Eigentlich spräche für Ärzte „nichts gegen eine breitere Nutzung sozialer Medien“, erklärt Erik Bodendieck, ebenfalls Ko-Vorsitzender des BÄK-Ausschusses, sie müssten nur die Regeln beachten. Da die Kommunikation heute meist schon über Social-Media-Kanäle laufe und für die gesundheitliche Versorgung immer relevanter werde, müssten Ärzte ihr Kommunikationsverhalten ihren Patienten anpassen. Bodendieck ist jedoch davon überzeugt, dass das direkte Gespräch zwischen Arzt und Patient dabei weiter im Fokus steht, „da es den Patienten ein Höchstmaß an Vertraulichkeit garantiert“. Diese müsse auch künftig bewahrt werden.
Quelle: Ärztinnen und Ärzte in sozialen Medien, Informationen der Bundesärztekammer