Förderung Ein lang gehegter Traum wird wahr

Niederlassung und Kooperation Autor: Antje Thiel

Schritt für Schritt und Stufe für Stufe kam Faris Kalifa seinem Ziel, Diabetesassistent DDG zu werden, näher. Schritt für Schritt und Stufe für Stufe kam Faris Kalifa seinem Ziel, Diabetesassistent DDG zu werden, näher. © sorbetto – gettyimages / zVg

Der Weg von Faris Kalifa* zu seinem Abschluss als Diabetesassistent DDG war mitunter steinig. Nach mehreren beruflichen Stationen hofft er nun auf einen langfristigen Job in einer Diabeteseinrichtung.

Seit Ende Mai hat der 48-Jährige, den wir hier Faris Kalifa* nennen wollen, seine Urkunde in der Tasche. Sie berechtigt ihn zum Führen der Bezeichnung Diabetesassistent DDG. Dass er die Weiterbildung in diesem zukunftsfesten Beruf würde antreten können, war lange Zeit unklar – trotz des allerorts beklagten Fachkräftemangels im Gesundheitswesen und auch trotz Kalifas großen Interesses für Diabetologie.

Auf der Suche nach einer langfristigen Perspektive

Kalifas Geschichte beginnt in Asmara, der Hauptstadt von Eritrea, von wo aus er mit knapp 16 Jahren ohne Begleitung seiner Familie nach Deutschland übersiedelte. Nach einem Deutsch-Intensivkurs erwarb er 1994 seinen Hauptschulabschluss, absolvierte eine Ausbildung zum Bäcker und darauffolgend zum Diätassistenten in einer Klinik. Dort durchlief er die Stationen der verschiedenen Fachrichtungen und kam erstmals in Berührung mit der Diabetologie. „Als gelernter Bäcker habe ich dort schnell gesehen, was Ernährung ganz konkret ausmachen kann“, erzählt er, „es macht ja einen großen Unterschied, ob man z. B. mit Quark backt oder mit schnellwirksamen Kohlenhydraten.“

Sein Interesse war geweckt: Nach Feierabend testete er abgewandelte Rezepturen für Backwaren, tagsüber in der Klinik gab er den Patient*innen Tipps für diabetesverträgliche Mahlzeiten, übte mit ihnen die Berechnung von Kohlenhydraten – und merkte, dass er rasch Zugang zu Menschen findet.

Dennoch gelang es ihm im Anschluss an seine Ausbildung über viele Jahre nicht, im Gesundheitswesen Fuß zu fassen und er durchlief verschiedene berufliche Stationen. Mangelnden Arbeitseifer kann man Kalifa wohl kaum vorwerfen. Auch nicht, dass er sich nach so vielen Jahren befristeter Arbeitsverträge eine Qualifikation wünscht, die ihm eine langfristige berufliche Perspektive bietet – am liebsten in der Diabetologie.

Weg zum Diabetesassistenten erweist sich als steinig

Er wandte sich an die Agentur für Arbeit und bat um die Finanzierung einer Weiterbildung zum Diabetes-assistenten DDG an der Akademie der Mathias-Stiftung Rheine. „Ich habe argumentiert, dass ich mit einer solchen Weiterbildung einen zukunftssicheren Job haben werde, in dem ich bis zur Rente arbeiten kann“, erzählt Kalifa, der längst deutscher Staatsbürger, Ehemann und Vater von zwei Kindern ist.

Nach einigem Hin und Her folgte die Agentur für Arbeit seinem Wunsch und stellte ihm einen Bildungsgutschein aus; im Februar 2024 startete die Weiterbildung. Er saß gerade im Unterricht, als sein Sachbearbeiter beim Arbeitsamt ihn überraschend anrief und ihm mitteilte, dass der Bildungsgutschein zurückgezogen wird. Begründung: Der Weiterbildungsstätte in Rheine fehle die notwendige Zertifizierung.

Qualifizierung mit Weiterbildungsstipendien der DDG

Um Menschen über vielfältige Weiterbildungsangebote zu qualifizieren, hat die DDG im Jahr 2021 ein Stipendienprogramm ins Leben gerufen. „Die DDG will eine gute Versorgung in der Breite sicherstellen“, erklärt Susa Schmidt-Kubeneck hierzu. „Wir halten Diabetesfachkräfte für extrem wichtig in dieser Versorgungslandschaft. Allerdings fehlen zuweilen die finanziellen Mittel für die Weiterbildung. Diese Lücke möchte die DDG schließen.“ 

In diesem Jahr wurden über 100 Weiterbildungs-stipendien vergeben, mehr als 50 für die Diabetesedukation (Diabetesassistent*in DDG bzw. Diabetesberater*in DDG). Ärzt*innen, die z. B. in strukturschwachen Regionen arbeiten und sich zu Diabetolog*innen DDG weiterbilden möchten, konnten sich ebenfalls bewerben. Über die Vergabe der Mittel, die aus einer großzügigen Spende und Eigenkapital der DDG stammen, entscheidet eine Jury unter Vorsitz von Professor Dr. Dirk Müller-Wieland und Professor Dr. Erhard Siegel.

www.ddg.info/qualifizierung/weiterbildungsstipendien

Tatsächlich verfügt die Weiterbildungsstätte Rheine nicht mehr über eine AZAV-Zertifizierung, die Vo­raussetzung für die Annahme eines Bildungsgutscheins ist, wie ihr Leiter Alfons Osterbrink bestätigt, „allerdings bereits seit sechs Jahren. Der Aufwand und die hohen Kosten für die Zertifizierung haben sich für uns nicht gelohnt, weil bei 80 bis 90 Prozent der Teilnehmenden der Arbeitgeber die Weiterbildungskosten trägt“. Als die Agentur für Arbeit ihre Unterstützung für Kalifa zurückzog, ließ Osterbrink ihn dennoch weiter den Kurs besuchen und riet ihm, sich bei der DDG um ein Stipendium zu bewerben.

Normalerweise muss die Kursgebühr bereits mit Beginn der Weiterbildung beglichen sein. Bei Kalifa war aber sogar bis zum Ende der Weiterbildung Ende Mai 2024 unklar, ob er das DDG Stipendium tatsächlich erhalten würde.

Das Stipendium der DDG macht den Weg endgültig frei

Denn die Jury traf sich erst nach Ende der Bewerbungsfrist am 1. Juni, wie sich Susa Schmidt-Kubeneck, Referentin Fort- und Weiterbildung in der DDG Geschäftsstelle, erinnert. „Das war für ihn eine ziemliche Hängepartie. Zum Glück hat man sich in Rheine darauf eingelassen, ihn aufzunehmen, obwohl er noch keine Finanzierungszusage hatte.“

Nach der Weiterbildungsstätte gaben auch die DDG Jury und die Buchhaltung grünes Licht. Als Kalifa im Juni die Zusage für sein Stipendium in Höhe der gesamten Kursgebühr erhielt, hatte er seine Weiterbildung bereits erfolgreich abgeschlossen. „Ich habe richtig durchgeackert“, beschreibt er die ungewisse Zeit, „schließlich wollte ich mir selbst, aber auch dem Arbeitsamt beweisen, dass ich das trotz aller Hindernisse erfolgreich durchziehe.“

Auf Jobsuche: Jetzt soll es endlich losgehen

Als engagiert und hochmotiviert erlebte ihn auch das Team der Diabetespraxis in Wuppertal, wo Kalifa im Rahmen seiner Weiterbildung ein Praktikum absolvierte. „Er war sehr zugewandt, genau wie man es sich von einem Diabetesassistenten wünscht“, erinnert sich Dr. Banu Beyenal-Reinhardt, eine der beiden Diabetologinnen der Einrichtung. Dank seiner Sprachkenntnisse habe man Kalifa u. a. viel bei Patient*innen aus dem arabischen Sprachraum eingesetzt. „Sprache schafft eine Brücke zu Menschen aus anderen Kulturen“, betont Dr. Beyenal-Reinhardt.

Sie hätte Kalifa gern über sein Praktikum hinaus in ihrer Praxis beschäftigt. „Er hat uns mit seiner Qualifikation auf jeden Fall überzeugt. Doch wir haben derzeit leider keine Stelle zu besetzen“, bedauert die Diabetologin. Noch ist Faris Kalifa auf Jobsuche im Raum Wuppertal. Wer ihm eine Chance geben möchte, kann sich an die Redaktion der diabetes zeitung wenden.


*Faris Kalifa hat der Veröffentlichung seiner Geschichte unter der Bedingung zugestimmt, dass wir anstelle seines Namens ein Pseudonym verwenden. Er möchte keinen erneuten Ärger mit der Agentur für Arbeit riskieren. Aus diesem Grund war es uns – entgegen der üblichen journalistischen Praxis – nicht möglich, auch den Sachbearbeiter bei der Agentur für Arbeit zu der Angelegenheit zu befragen.