Deutsche Diabetes Gesellschaft DDG präsentiert sich bei der Mitgliederversammlung auch als politisch engagiertes Gremium
Krankenhausreform, Digitalisierung, Nachhaltigkeitskonzepte – diese und viele weitere Themen beherrschten bei der DDG das zurückliegende Jahr. Die Zeitenwende habe die Politik ausgerufen, die DDG sei von den neuen politischen Herausforderungen aber vielfach betroffen, erklärte Prof. Neu.
Die umstrittene Krankenhausreform wurde unter anderem beim Parlamentarischen Jahresempfang im März in Berlin mit hochkarätigen Vertreter*innen aus der Gesundheitspolitik diskutiert (wir berichteten). Für die stationären Reformvorhaben hat die Fachgesellschaft einen Drei-Punkte-Plan ausgearbeitet. Auch mit Inklusion statt Ausgrenzung (Schulgesundheitsfachkraft), mehr Verhältnisprävention (adipogene Lebensmittel besteuern, gesunde entlasten; täglich eine Stunde Bewegung bzw. Sport in Kita und Schule; Kinderwerbeverbot) und der Ketoazidose-Prävention ist die DDG befasst.
Mit Blick auf den stagnierenden Fortschritt bei der elektronischen Patientenakte (ePA) wies Prof. Neu darauf hin, dass man hier hinsichtlich der elektronischen Diabetesakte (eDA) als standardisiertes Modul in Ergänzung zur ePA nicht weiter abwarten wolle, bis die ePA endlich komme, sondern die eDA vielmehr als Stand-alone-Projekt laufen lasse, das sich dann leicht an die Patientenakte koppeln ließe. „Wir wollen vorbereitet sein“, betonte er. Das Budget von 250.000 Euro für die eDA für 2023 bezeichnete er als ausreichend, in gleicher Höhe werde es 2024 eingestellt. „Wie praxistauglich das Tool“ sei, werde bei einem Probelauf des Pilotprojekts getestet, das am UK Aachen angesiedelt ist und im Herbst startet. Hier dankte er Prof. Dr. Dirk Müller-Wieland für sein „enormes Engagement“.
Aktuell sind fünf große Leitlinien in der Pipeline: Therapie des Typ-1-Diabetes; Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle des Diabetes im Kindes- und Jugendalter sowie im Alter; Diabetes und Straßenverkehr und Gestationsdiabetes. Hier dankte Prof. Neu allen Verantwortlichen für ihre engagierte Arbeit: Prof. Dr. Monika Kellerer, Prof. Dr. Karsten Müssig und Dr. Rebekka Epsch von der DDG Geschäftsstelle.
Prof. Fritsche ist neuer Präsident, Prof. Neu nun Past Präsident
Bei der Mitgliederversammlung standen auch Vorstandswahlen an, denn für Prof. Dr. Andreas Neu ist seine zweijährige Amtszeit als Präsident der DDG inzwischen beendet, er hat nun das Amt des Past Präsidenten inne. Seine erfolgreiche Arbeit für die Fachgesellschaft, und besonders für junge Menschen mit Diabetes, werde so weiter fortgesetzt, hieß es seitens der DDG.
Als neuer Präsident wird Prof. Dr. Andreas Fritsche die Geschicke der Fachgesellschaft für die nächsten zwei Jahre lenken. Der Diabetologe ist stellvertretender Leiter des Instituts für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen des Helmholtz-Zentrums München, Leiter der Abteilung Prävention und Therapie des Diabetes mellitus sowie Leiter der Diabetestherapiestation und Diabetesambulanz an der Universität Tübingen. Neue Vizepräsidentin ist Prof. Dr. Julia Szendrödi vom Universitätsklinikum Heidelberg.
Gegen Stigmatisierung, für die sprechende Medizin
Auch Prof. Fritsche wird seinen Fokus auf die Krankenhausreform und deren Ausgestaltung legen. Der Diabetologe hat zudem der öffentlichen und politischen Stigmatisierung von Menschen mit Diabetes den Kampf angesagt. „Nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch in der Politik bemerken wir häufig eine Simplifizierung der Erkrankung und das Klischee ,des Diabetikers‘“, kritisierte er. Für finanzielle Anreize für die sprechende Medizin macht er sich überdies stark.
In der DDG sind 9.300 Mitglieder in neun Kommissionen, sechs Ausschüssen und 15 Regionalgesellschaften organisiert.