Praxistresen 7 Tipps für einen Empfang mit Herz und Hand

Praxismanagement , Praxisführung Autor: Anouschka Wasner

Zur Auffrischung sieben wichtige Tipps für einen Tresen, der Ihrer Praxis gut steht. Zur Auffrischung sieben wichtige Tipps für einen Tresen, der Ihrer Praxis gut steht. © Peak River – stock.adobe.com

Der erste Eindruck zählt, der Praxistresen ist Ihre Visitenkarte, ein freundliches Team am Empfang ist die halbe Miete. Das wissen Sie alles? Trotzdem: Auch die naheliegendsten Ansprüche schleifen sich mit der Zeit mal ab. Deswegen hier zur Auffrischung sieben wichtige Tipps für einen Tresen, der Ihrer Praxis gut steht.

1. Unterschätzen Sie niemals die Relevanz eines gut funktionierenden und verbindlichen Empfangs

Patientinnen und Patienten können die medizinische Qualität, die in einer Praxis geboten wird, nur schwer beurteilen. Sie greifen deshalb auf Ersatzkriterien zurück: Fühle ich mich in professionellen Händen? Und: Fühle ich mich wohl und gewertschätzt? Wirken der Tresen lieblos organisiert und die MFA nur bedingt professionell, ist es verständlich, wenn die Patientinnen und Patienten sich fragen, wie „gut“ diese Praxis wohl ist – völlig ungeachtet der Tatsache, dass auch bei üblem Chaos am Tresen eine wunderbare Medizin praktiziert werden kann. Zumindest theoretisch. 

Denn so ganz falsch sind solche Ersatzkriterien nicht: Sind Empfang und Abläufe einer Praxis nicht gut organisiert, passieren strukturell bedingte Fehler tatsächlich leichter. Schein und Sein liegen hier also gar nicht so weit auseinander. 

P.S.: Freundlichkeit ist übrigens mit Sicherheit mit das wichtigste Ersatzkriterium für die Patientinnen und Patienten – ist eh klar! 

2. Bieten Sie Ihren Patientinnen und Patienten schon am Praxistresen einen geschützten Raum

Ein Arztbesuch ist in der Regel mit sehr persönlichen Anliegen verbunden. Die meisten Menschen wünschen sich deswegen auch am Tresen eine akustische und visuelle Abgrenzung zu anderen Wartenden. Und das liegt auch im Interesse Ihres Teams: Denn wer die Terminplanung und die Patientensteuerung durch die Behandlungszimmer gezielt angehen möchte, braucht Informationen. Konnten diese vor dem Erscheinen in der Praxis noch nicht vollständig abgefragt werden – etwa weil der Termin online vereinbart wurde oder weil sich zwischenzeitlich Neues ergeben hat –, ist es wichtig, dass die Person am Tresen frei reden kann. 

Sorgen Sie also mit einen möglichst großen Freiraum am Tresen für einen akustischen Schutzraum. Möglicherweise sind auch einfache Akustiktrennwände hilfreich oder leichte Hintergrundmusik. Auch einsehbare Computermonitore, die Informationen zu anderen Personen preisgeben könnten, nagen am Glauben in die Vertraulichkeit. Hier helfen Bildschirmschoner und spezielle Bildschirmfolien, die das Lesen von der Seite verhindern. Vor allen Dingen hilft aber ein sensibilisiertes Team, dass sich darum sorgt, die Vertraulichkeit zu jedem Moment zu gewährleisten. Und das auch auf dem Tresen liegende Rezepte und Formulare, die auf die ärztliche Unterschrift warten, in nicht einsehbare Bereiche des Tresens rückt.

Eine der Hauptquellen, über die Informationen in die falschen Ohren kommen, ist übrigens das Telefon. Die meisten Praxen haben ihre Telefonzentrale mittlerweile in einen extra Raum verbannt – siehe hierzu auch unseren folgenden Tipp. Trotzdem müssen Anrufende immer wieder auch an den Tresen durchgestellt werden. Erarbeiten Sie eine Arbeitsanweisung, wie das Team persönliche Informationen am Telefon in Hörweite anderer Menschen schützt: Wie umgehen mit der persönlichen Ansprache, wie mit Untersuchungsergebnissen, wie mit eventuellen Konflikten?

3. Standardisieren Sie – um mehr Zeit für individuelle Anliegen zu haben

An Ihrer Anmeldung sind die Wartezeiten lang? Und sobald jemand ein besonderes Problem mitbringt, stehen sich alle die Beine in den Bauch? Was da möglicherweise fehlt, sind standardisierte Abläufe. Wer über jeden Arbeitsschritt nachdenken muss, braucht Zeit und Gehirnschmalz – und hat das dann nicht mehr zur Erledigung von nicht alltäglichen Problemen. Deswegen: Erarbeiten Sie Arbeitsanweisungen bzw. Abläufe. Dazu gehören fachliche Vorgaben, aber vielleicht auch Tipps z. B. zum Umgang mit Vielrednern (s. MT 19/2024). Umso mehr Valenzen hat das Team dann für Nonstandard-Anliegen. 

4. Weg mit dem Telefon!

Nichts ist nerviger, als am Tresen über persönliche Anliegen reden zu müssen und dann von einem klingelnden Telefon unterbrochen zu werden. Oder doch: Noch nerviger ist es nämlich, vor einem Tresen zu stehen und gefühlt zahl- und endlosen Telefonaten lauschen zu müssen, während man selbst nicht zum Zug kommt. Aber (s. Tipp 2): Viele Praxen haben mittlerweile Konsequenzen gezogen und die Telefonannahme in einen anderen Raum verlegt. Wo das nicht geht, ist es meist sinnvoll, eine Person speziell für die externen Telefonanfragen abzustellen. Sodass sich die anderen MFA zu 100 % auf die Patientinnen und Patienten vor Ort einlassen können. 

5. Keine Chance dem „Shit“

Man glaubt es kaum, aber immer noch liegen in manchen Praxen Rezepte und Formulare irgendwo auf dem Tresen, zugänglich für jeden, der sich ein bisschen geschickt anstellt. In anderen Praxen würde das nie passieren, dafür liegen die Formulare dann vielleicht im offenen Papierfach an der Rückseite eines Druckers – zum Patienten gewandt. Aber da ist ja immer jemand vom Team? Mag sein. Außer, es kommt z. B. zu einem medizinischen Notfall, bei dem die Hälfte des Teams im Einsatz ist und die andere Hälfte abgelenkt. Oder es sind zwei MFA am Tresen und die Ärztin kommt mit einem Auftrag und der Briefträger steht mit einem Paketschein zum Unterschreiben vor der Tür. Shit happens. 

6. Begrüßen Sie Fehler mit offenen Armen und klugen Strukturen

An der Anmeldung ist oft viel los. Gerade in größeren Praxen treffen hier die Anliegen der Ärztinnen und Ärzte, des Praxisteams und der Patientinnen und Patienten an einem einzigen Punkt aufeinander. Fehler sind dann ein Teil des Spiels. Unverzeihlich ist es aber, einen Fehler zu vertuschen. Erstens kann er dann nicht mehr korrigiert werden und die möglicherweise erheblichen Folgen nicht abgewendet werden. Und zweitens kann dann niemand daraus lernen. Deswegen: 

  • Schwören Sie Ihr Team auf eine gute Fehlerkultur ein. Jeder sollte sich trauen können, Fehler zuzugeben. Das setzt voraus: Niemand wird gedisst, wenn ein Fehler passiert, alle äußern sich sensibel, lösungsorientiert und mit Wertschätzung zum Thema. Alle sind daran gewöhnt, die Ursachen in den Abläufen zu suchen und gemeinsam nach akuten Lösungen und möglichen strukturellen Verbesserungen zu streben. 
  • Installieren Sie die Systeme, die Sie dafür als Grundlage benötigen: klare Zuständigkeiten und Teamregeln, ein gelebtes Qualitätsmanagement, regelmäßige Teammeetings und regelmäßige Mitarbeitergespräche, gute Einarbeitung, vertrauenswürdige und wertschätzende Vorgesetzte, Fairness als Teil der Praxiskultur und ggf. die Möglichkeit, Fehler anonym zu melden. 
  • Vorsätzliche bzw. wirklich leichtfertige Fehler haben Konsequenzen für die verantwortliche Person.

7. Machen Sie eine Customer-Journey und begeben Sie sich in die Haut Ihrer Patientinnen und Patienten

Um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie es einem Gast in Ihrer Praxis geht, besuchen Sie sich doch mal selbst. Wenn Sie durch die Praxistür eintreten: Was sehen Sie vor sich? Können Sie sich direkt orientieren? Sind Eingangsbereich und Tresen einladend, passen Licht und Deko zu Ihrer Praxis und Ihrem Klientel? Stellen Sie sich vor, sie müssten vor dem Tresen noch warten: Haben Sie eine „Warteposition“, die nicht in den Laufwegen der Praxis liegt? Gibt es die Möglichkeit, sich hinzusetzen? Können Sie Ihre Jacke irgendwo ablegen? 

Wenn Sie am Tresen stehen: Können Sie Dinge sehen, die nicht für Ihre Augen bestimmt sind? Spielen Sie mit den MFA den Anmeldeprozess durch: Sind die Fragen der MFA gut verständlich oder ist der räumliche Abstand oder die akustische Konkurrenz zu groß? Kann man sich in die Augen gucken oder sehen Sie nur den Scheitel der MFA? Gibt es eine Ablage am Tresen für die Handtasche, um die Krankenkassenkarte aus der Tasche zu nesteln? Ist das Licht so, dass der Inhalt der Handtasche zu erkennen ist? Und vor allem: Fühlen Sie sich so wohl wie in dieser Situation möglich?

Quelle: MT-Bericht