Karenzentschädigung Bei der Anstellung den Konkurrenzschutz richtig vereinbaren

Praxismanagement , Praxisführung Autor: Rainer Kuhlen

Die Karenzentschädigung berechnet sich aus allen Vergütungsbestandteilen des Arbeitnehmergehalts. Die Karenzentschädigung berechnet sich aus allen Vergütungsbestandteilen des Arbeitnehmergehalts. © Natee Meepian - stock.adobe.com

Praxisinhaberinnen und -inhaber sehen es gern, wenn in Angestelltenverträgen ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot enthalten ist. Damit soll ein Patientenschwund nach dem Wechsel z. B. eines angestellten Arztes oder einer besonders qualifizierten MFA zur nahen Konkurrenz verhindert werden. Allerdings ist auf Vertragsdetails zu achten, damit einer Kündigung kein böses Erwachen folgt.

Ein Arbeitgeber, der von Beschäftigungsbginn an den Fall ausschließen möchte, dass ihm eine qualifizierte Kraft nach ihrem Abgang in nächster Nähe Konkurrenz macht, kann dafür im Arbeitsvertrag Vorsorge betreiben. Solch ein Wettbewerbsverbot ist allerdings zeitlich, örtlich und sachlich einzugrenzen. Es muss klar sein, welche Tätigkeiten genau und wie lange untersagt sind und für welches räumliche Gebiet das Wettbewerbsverbot gilt. Art und Umfang der Beschränkung sind vom Einzelfall abhängig und können nicht pauschal definiert werden. 

Wettbewerbsverbot für längstens zwei Jahre

Gemäß § 74a Abs. 1 Handelsgesetzbuch (HGB), der nicht nur für die „Handlungsgehilfen“, sondern für alle Arbeitnehmer:innen anwendbar ist, darf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot längstens für zwei Jahren festgelegt werden.

Der Umfang der räumlichen Beschränkung hängt davon ab, wie weit der Wirkungsbereich eines Unternehmens gefasst ist. Wenn der/die Arbeitnehmer:in in einer Arztpraxis tätig war, kann das Wettbewerbsverbot dergestalt sein, dass es – je nach Fachrichtung – im Umkreis der Praxis von 2, 5 oder 10 km wirkt. Ist der wirtschaftliche Einfluss eines Unternehmens noch weitergefasst, kann auch der Geltungsbereich des Verbotes erweitert werden.

Die übliche Formulierung in Angestelltenverträgen

So wird z. B. oftmals in Verträgen mit angestellten Ärztinnen und Ärzten formuliert, dass dem ausscheidenden Teammitglied für die Dauer von zwei Jahren untersagt ist, innerhalb eines Umkreises von … km Luftlinie um die Praxis eine konkurrierende Tätigkeit für eigene oder fremde Rechnung, insbesondere in Form einer ambulanten oder (beleg-)ärztlichen Tätigkeit als Facharzt/-ärztin für … (Fachrichtung) selbstständig, als Beschäftigte/r oder als Betreiber eines MVZ auszuüben. 

Allerdings wird häufig übersehen, dass sich der Arbeitgeber auch dazu verpflichten muss, dem Arbeitnehmer bzw. der Arbeitnehemerin für die Dauer des Wettbewerbsverbotes eine sog. Karenzentschädigung zu zahlen. Diese monatliche Entschädigung muss nach § 74 Abs. 2 HGB mindestens die Hälfte der zuletzt bezogenen monatlichen Vergütung betragen!

Die Karenzentschädigung berechnet sich aus allen Vergütungsbestandteilen des Arbeitnehmergehalts. Daher müssen Sachleistungen (Dienstwagen, Handy usw.) genauso berücksichtigt werden wie variable Vergütungen (Provisionen, Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Sonderzahlungen).

Nichtige Vertragsklausel oder „unverbindliche Zusage“?

Zu beachten ist weiterhin, dass nach § 74c Abs. 1 HGB die Einkünfte, die der/die Arbeitnehmer:in während des Bezugs der Entschädigung erwirtschaftet, auf die Karenzentschädigung angerechnet wird. Dies jedoch nur dann, wenn die Summe von Einkünften und Karenzentschädigung über 110 % des zuletzt bezogenen Entgelts liegt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, das keine Karenzentschädigung vorsieht, nichtig (s. BAG-Urteil vom 15.1.2014, Az.: 10 AZR 243/13). Ein solches Wettbewerbsverbot ohne Karenzentschädigung muss der/die Beschäftigte nicht einhalten; er/sie kann sich hierauf aber auch nicht berufen und die Zahlung einer Karenzentschädigung verlangen. Die Situation wird dann behandelt als wäre ein Wettbewerbsverbot überhaupt nicht vereinbart worden.

Was aber gilt, wenn in einem Anstellungsvertrag ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot zwar eine Karenzentschädigung vorsieht, die Entschädigung aber nicht die gesetzliche Mindesthöhe – 50 % des zuletzt bezahlten Gehalts – erreicht? In solchen Fällen spricht man von einer „unverbindlichen Entschädigungszusage“. Diese führt nicht zur Nichtigkeit des nachträglichen Wettbewerbsverbotes. Vielmehr wird dem/der Arbeitnehmer:in hier ein Wahlrecht eingeräumt (s. BAG-Urteil vom 22.3.2017, Az.: 10 AZR 448/15).

Er oder sie kann sich entweder von dem Wettbewerbsverbot lösen mit der Folge, dass er/sie im Wettbewerb zum ehemaligen Arbeitgeber treten darf, dann aber auch keinerlei Entschädigung erhält. 

Er oder sie kann sich aber auch an das an sich unverbindliche Wettbewerbsverbot halten. Dann besteht ein Anspruch auf eine Entschädigung, allerdings auch nur in Höhe der vereinbarten geringeren Karenzentschädigung. Diese Entscheidung muss der/die (Ex-)Beschäftigte zu Beginn der Karenzzeit für den gesamten Zeitraum treffen. 

Letztendlich kann die Frage, ob ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot in ein Angestelltenvertrag integriert bzw. aus Arbeitnehmersicht akzeptiert werden sollte, nicht pauschal beantwortet werden. Sie richtet sich stets nach dem Einzelfall bzw. den jeweiligen Interessen des Arbeitgebers und der/des Angestellten.