Schadhafte Elektrik Praxisleitung muss Kontrollen prüfen
Bei Feuer in der Praxis oder einem Stromunfall wird als Ursache häufig eine scheinbar unverfängliche Möglichkeit in Betracht gezogen: Kurzschluss. Für den Praxisinhaber kann diese Diagnose allerdings folgenreich sein. Ihm drohen der Verlust des Versicherungsschutzes und eine weitreichende Haftung.
Mit einem Anteil von 31 % ist eine schadhafte Elektrik die mit Abstand häufigste Brandursache. In einer Arztpraxis kommt eine Vielzahl elektrischer Geräte zum Einsatz: zur Untersuchung und Behandlung von Patienten oder Technik aus dem Laborbereich, im Büro, im Empfangs- und Wartebereich oder in der Teeküche. Die Mikrowelle fürs Personal und die Verlängerungskabel gehören ebenso dazu wie der Staubsauger oder Waschmaschinen.
Viele strombedingte Unfälle oder Elementarschäden ereignen sich nicht durch Leichtsinn von Mitarbeitern, sondern weil die von der Deutschen gesetzlichen Unfallversicherung vorgeschrieben „DGUV-3-Prüfungen“ dieser Geräte vernachlässigt werden. „Darin unterscheiden sich Arztpraxen kaum von Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft. Größere Betriebe halten sich eher daran, kleinere empfinden das Prozedere oft als lästig“, berichtet Marc-A. Eickholz, Geschäftsleiter des technischen Gebäudedienstleisters Niederberger Gruppe. Bei neu angeschafften medizinisch-technischen Geräten seien die Prüfungen häufig Bestandteil der Wartungsverträge. Älteres Equipment und Praxiseinrichtungen gerieten dagegen außer Acht.
Vorschriften und Prüfungen
Für Arztpraxen sind regelmäßige und gründliche Elektroprüfungen vorgeschrieben: DIN VDE 0701/0702 oder DGUV-3 (ortsveränderliche Geräte und Betriebsmittel), VDE 0100-600 und DIN VDE 0105-100 (elektrische Anlagen und Maschinen), VDE 0751/EN 62353 (medizinische Geräte) und BGR 232 (kraftbetätigte Tore und Türen). Die DGUV-3-Vorschrift gilt uneingeschränkt auch für alle elektrisch betriebenen Medizinprodukte.
Sogenannte ortsfeste – also fest eingebaute – elektrische Anlagen und Betriebsmittel müssen mindestens alle vier Jahre geprüft werden. Dazu gehören Steckdosen, Leuchten, Unterverteilungen oder Klimaanlagen. Befinden sie sich in einem sensiblen Umfeld, etwa in feuchten oder nassen Bereichen, verkürzen sich die Fristen. Bei ortsveränderlichen, also beweglichen Geräten wie EKG und EEG, Ultraschallgeräten oder Infusionspumpen sowie deren Leitungen und Stecker ist der Check alle zwei Jahre fällig. Die genauen Fristen hat der Praxisinhaber nach einer von ihm zu erstellenden Gefährdungsbeurteilung festzulegen, und zwar für jedes einzelne Gerät.
Die Prüfungen selbst müssen durch Elektrofachkräfte durchgeführt und in einem Prüfbuch rechtssicher dokumentiert werden. Dabei reicht es nicht, dass jemand mit einem Prüfgerät umzugehen weiß. Experte Eickholz erklärt: „Selbst ein Elektriker verfügt nicht automatisch über die erforderliche Qualifikation und Erfahrung. Er muss über den Befähigungsnachweis einer anerkannten Schulungsorganisation wie dem VDI verfügen.“
Kommen im Fall eines Falles Personen zu Schaden, haftet der Praxisbetreiber zivil- und strafrechtlich. Und auch die Versicherungen prüfen den Umgang mit den Vorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung.
Versicherer verlangen oft sogar noch kürzere Prüfzeiten
„Wir als Allianz klären, ob der Check regelmäßig und von einer Fachkraft vorgenommen wurde. Stellt sich dann heraus, dass das nicht regelgerecht erfolgt ist, analysieren wir, ob und welche Konsequenzen dadurch für die Schadenszahlung entstehen“, so Ulrich Stephan, Leiter SMC-Geschäft bei der Allianz Versicherungs-AG. Sachversicherer geben in ihren Vertragsbedingungen oftmals sogar kürzere Prüffristen vor als die DGUV.
Für viele Praxen stellen die strengen Auflagen eine Belastung dar. Sie haben aber die Möglichkeit, auf externe Dienstleister zurückzugreifen. Technische Gebäudeservices sind ein wachsendes Geschäftsfeld, auf dem sich auch weniger qualifizierte Anbieter tummeln. Am Ende steht jedoch immer der Arzt bzw. die Ärztin in der Betreiberhaftung. Eickholz rät Praxisleitungen: „Sie sollten sich grundsätzlich von der Zertifizierung der betreffenden Mitarbeiter überzeugen – am besten durch Vorlage von Dokumenten.“
Medical-Tribune-Bericht