Vor diesem Hintergrund habe ein Kollege die Bezeichnung „Schredder-Formulare“ erfunden, erzählt
Timo Schumacher auf der Practica in Bad Orb im Seminar „Freude mit Attesten und Formularen“, das der niedergelassene Hausarzt gemeinsam mit seinem Kollegen
Ruben Bernau im Rahmen der Veranstaltungsreihe Werkzeugkasten des Instituts für hausärztliche Fortbildung im Deutschen Hausärzteverband (IHF) anbietet. Zielgruppe der Veranstaltungsreihe sind Ärzte in Weiterbildung – was aber auf keinen Fall heißt, dass langjährige Niedergelassene hier nichts mehr lernen könnten.
Welche Formulare müssen nicht ausgefüllt werden?
Woran lässt sich erkennen, dass ein Formular wahrscheinlich gar nicht ausgefüllt werden muss? Daran, dass es nicht in der „
Vereinbarung über Vordrucke für die vertragsärztliche Versorgung“ auftaucht – ein Blick in diese 23 Seiten hilft also auf jeden Fall weiter. Der Vollständigkeit halber: In einigen KVen gibt es Sonderregelungen zur Vergütung von Kassenanfragen auf nicht vereinbarten vordrucken, diese können dann zum Beispiel die Knappschaft oder die Ersatzkassen betreffen.
Außerdem sind die Vordrucke auch daran zu erkennen, dass sie eine Nummer tragen. So wie zum Beispiel der „
Bericht für die Krankenkasse bei Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit“ das Muster Nummer 52 ist und diese Zahl entsprechend auf dem Formular steht. Keine Nummer – kein gültiger Vordruck.
Dem Arzt bieten sich verschiedene Möglichkeiten an, auf einen nicht vereinbarten Vordruck zu reagieren. Zunächst mal kann er es theoretisch tatsächlich einfach seinem Schredder einverleiben. Der Nachteil bei diesem Vorgehen: Die Kasse wird wahrscheinlich nicht aufhören, solche Formulare zu schicken.
Deswegen werden solche Formulare in der Praxis von Timo Schumacher mit einem
Serien-Etikett beklebt, auf das seine MFA gedruckt haben: „Anfragen der GKV außerhalb der Vordruckvereinbarungen sind nach GOÄ Ziffer 75 liquidierbar. Erbitte Kostenübernahme.“ Das mit dieser Aufforderung versehene Formular wird an die Anfragende Kasse zurückgefaxt - und natürlich dafür die
Fax-Ziffer 014120 angesetzt: „Schließlich habe ich ja per Fax auf eine Anfrage geantwortet!“, begründet Timo Schumacher.
„Die Kassen merken sich die Querulanten. In der Regel reagieren sie auf ein solches Vorgehen mit: Wir machen bei Ihnen mal eine Ausnahme – und dann schicken sie die richtigen Formulare. Wenn Sie sechs Monate lang konsequent sind in Ihrem Vorgehen, dann erhalten Sie irgendwann nur noch die richtigen Formulare“, erklärt der in Norddeutschland Niedergelassene Schumacher.
Musterbrief downloaden - maximale Zeitersparnis
Alternativ hierzu können Sie auch eine Musterantwort an die anfragende Stelle faxen: siehe hierzu beipspielsweise die Vorlage in der Broschüre
"Der schnelle Überblick: Anfragen von Krankenkassen, MDK und Anderen" von der Ärztekammer Niedersachsen (Seite 42). Diese Vorlage legen Sie sich als Makro in Ihrem Word-Programm ab und faxen es digital an den Anfragenden - so macht es beispielsweise die Praxis von Ruben Bernau.
Oder Sie machen es wie in der Praxis von Timo Schumacher. Dazu drucken Sie den Musterbrief mit Platzhalter für Namen und Datum aus, laminieren ihn und fügen vor dem Zurückfaxen nur noch mit einem abwischbaren Marker die relevanten Angaben ein. Und - siehe oben - berechnen selbstverständlich auch hier die Fax-Ziffer.
Dieser Umgang mit den Schredder-Formularen hat weder juristische Folgen für den Arzt noch darf es Nachteile für den Patienten bringen – schließlich sind diese Anfragen ja nicht vereinbart.
MDK-Anfragen? Muster 11 nutzen!
Die Krankenkassen haben dann die Möglichkeit, den MDK einzuschalten. Auch diese Anfrage erfolgt manchmal nur über das Anschreiben selbst, oft auch ohne den Hinweis auf eine Musterverordnung. Macht aber nichts: Es gibt ein Muster, und zwar die Nummer 11 der Musterverordnungen. Diese Leistung ist auch regulär abrechenbar (Ziffer 01621, auch auf dem Muster angegeben), und da sich beim MDK anders als bei einer Kasse Mediziner mit Ihren Auskünften beschäftigen, ist auch das Problem mit der Schweigepflicht kein Thema.
Unschön wird es, wenn die
Kassenanfragen beim Patienten landen – am besten mit dem Hinweis, dass sich der Arzt ja geweigert habe, die Auskünfte zu erteilen, man habe also sozusagen keine Wahl gehabt. „Dann hilft nur noch der Griff zum Telefon“, so Ruben Bernau, „und eine deutliche Ansage, dass es auf keinen Fall akzeptabel ist, den Patienten zu erpressen bzw. mir als Arzt vor dem Patienten die Schuld für irgendwelche Verzögerungen zu machen.“
Das Resümee von Timo Schumacher: „Medizin ist mittlerweile fast das Einfachste an unserem Job. Aber wenn man den richtigen Umgang mit solchen Widrigkeiten gefunden hat, kann es sogar Spaß machen, die Kassen sanft auf den richtigen Weg zu weisen."