
Stichfrei, stressfrei, sturzsicher Starke Tipps zum Welttag für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit

Hygienemaßnahmen, Infektionsschutz, Unfallverhütung, Verhalten im Notfall, Umgang mit Gefahrenstoffen und vieles mehr: Als Praxisleitung sind Sie im Qualitätsmanagement (QM) für all das verantwortlich – und auch dafür, dass alle Beschäftigten (nicht nur die MFA) mindestens einmal jährlich Pflichtunterweisungen für Arbeitssicherheit erhalten. Das betrifft:
Infektionsgefahr
Die Gefahr in der Hausarztpraxis ist groß, sich im Patientenkontakt mit Blut, Sekreten oder anderen Körperflüssigkeiten zu infizieren, etwa mit Infektionskrankheiten wie Influenza, Hepatitis B/C, HIV oder MRSA.
Tipp: Ein klar definiertes Hygienekonzept und die regelmäßige Schulung des Personals helfen dabei, Risiken zu vermeiden (siehe Kasten). Dazu zählen Maßnahmen wie regelmäßiges Händewaschen und Desinfektion sowie das Tragen von Schutzhandschuhen und Masken (z. B. bei Infektsprechstunden).
Umgang mit chemischen Mitteln
Durch Desinfektions- und Reinigungsmittel kann es u. a. zu Reizungen der Haut und Atemwege, Allergien sowie zu langfristigen Gesundheitsschäden kommen.
Tipp: Eine Gefährdungsbeurteilung im QM (Hygieneprodukte und Reinigungsmittel prüfen), die Schulung der Mitarbeitenden (richtige Handhabung und sichere Entsorgung von Chemikalien), das Verwenden allergiefreier Materialien wie latexfreie Handschuhe und eine Schutzausrüstung (z. B. Handschuhe, Atemschutzmasken) können diese Gefahren verringern.
Lärm und körperliche Belastung
Zu den Lärmbelastungen in der Arztpraxis gehören dauerhafte oder wiederkehrende Geräuschquellen wie Telefonklingeln, Drucker und Faxgeräte sowie Bau- oder Verkehrslärm von außen. Als körperliche Belastungen gelten häufiges Bücken, das Heben von Patientinnen und Patienten. Auch langes Sitzen und Stehen sowie stundenlange Bildschirmarbeit können zu Rücken-, Nacken- oder Gelenkproblemen führen.
Tipp: Auch hier ist der Arbeitgeber in der Pflicht, gegebenenfalls Maßnahmen des Arbeitsschutzes wie Lärmminderung (leisere Geräte und sanftere Klingeltöne) und/oder eine ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes (ergonomische Stühle, höhenverstellbare Tische, Rückenstützen, rückenschonende Hebetechniken und Hilfsmittel) zu ergreifen. Zudem sollte eine vernünftige Pausenregelung mit regelmäßigen Erholungszeiten und Bewegungsintervallen eingehalten werden. Schulungen zur richtigen Arbeitsweise am Bildschirm (rückenschonende Körperhaltung, Augenpflege) sorgen ebenfalls für Entspannung im Team.
Notfälle
Von einem Notfall in der Arztpraxis können auch echte Gefahren für die Mitarbeitenden ausgehen, z. B. eine Verletzungsgefahr durch aggressive Patientinnen und Patienten. Ein Haftungsrisiko droht, wenn Notfallmaßnahmen nicht entsprechend dokumentiert werden. Dramatische Notfälle können für Ihr Personal zudem psychisch stark belastend sein.
Tipp: Ein mindestens einmal jährliches Notfalltraining hilft im Umgang mit Notfällen, vor allem bei der Rollenverteilung im Ernstfall. Der Notfallplan sollte im Team bekannt und für alle sichtbar sein.
Arbeitsunfälle
In jeder Praxis kann es auch immer wieder zu Stürzen oder Unfällen von Patientinnen und Patienten sowie zu Schnittverletzungen der Mitarbeitenden, etwa bei der Blutabnahme, kommen.
Tipp: Regelmäßige Erste-Hilfe-Schulungen und Sicherheitsschulungen sind ebenfalls Teil des Qualitätsmanagement-Systems. Überdies sollte durch Sicherheitsvorkehrungen und persönliche Schutzausrüstung (Handschuhe, Schutzbrillen) das Verletzungsrisiko minimiert werden. Arbeitsunfälle müssen immer dokumentiert werden.
Brandgefahren
In einer Arztpraxis gibt es unterschiedliche Brandgefahren, etwa durch defekte und nicht ausgeschaltete Geräte, Mehrfachsteckdosen oder Kabelsalat sowie alkoholbasierte Desinfektionsmittel, die sich bei unsachgemäßer Lagerung und Wärme entzünden können, und eine falsche Entsorgung von Abfällen.
Tipp: Ihre Praxisgeräte sollten Sie regelmäßig überprüfen lassen, zudem keine Mehrfachsteckdosen hintereinanderschalten. Trennen Sie die Geräte vom Strom, wenn sie nicht genutzt werden. Defekte Geräte sofort kennzeichnen und austauschen.
Alkoholbasierte Desinfektionsmittel sollten nicht in der Nähe von Hitzequellen wie Heizungen stehen, die Entsorgung, vor allem von Gefahrstoffen (Desinfektionsmittel, Labormaterialien, scharfer Abfall wie Spritzen und Skalpelle), muss nach der Praxisabfallverordnung erfolgen.
Aktionstag für QM nutzen
Der Welttag für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz findet immer am 28. April statt. Er wurde von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) ins Leben gerufen. Nehmen Sie den Aktionstag doch zum Anlass, Ihre Unterweisungen zu aktualisieren, Gefährdungsbeurteilungen zu prüfen und/oder den Hygieneplan zu überarbeiten.
Infos zum Qualitätsmanagement in der Arztpraxis gibt es unter:
bit.ly/QM_KBV
Datenschutzverletzungen
Werden sensible Gesundheitsdaten (psychische Erkrankungen, HIV, Schwangerschaftsabbruch, Sucht) bekannt, weil etwa eine MFA den Datenschutz verletzt hat, kann das nicht nur für die betroffene Person böse Folgen haben, sondern auch für die Mitarbeitende.
Neben den möglichen rechtlichen Konsequenzen kommt es eventuell zu einem Vertrauensverlust im Team und zu spürbarer sozialer Ausgrenzung, was wiederum Stress und Schamgefühle auslösen kann.
Tipp: Eine konstruktive Fehlerkultur im Team statt Schuldzuweisungen ist besonders in solchen Fällen zu empfehlen. Die Datenschutzverletzung sollte im Teamgespräch aufgearbeitet werden. Wiederholte Schulungen zur DSGVO vermitteln das nötige Wissen.
Psychosoziale Belastungen
Zeitdruck, Stress, hohe Arbeitsdichte, aber auch der Umgang mit emotional belasteten Patientinnen und Patienten (durch chronische Krankheiten, Ängste, Schmerzen) bedeuten für die Praxismitarbeitenden häufig psychische Belastungen.
Tipp: Das Qualitätsmanagement Ihrer Praxis sollte auch Programme zur Stressbewältigung und psychosozialen Unterstützung beinhalten.
Regelmäßige Teambesprechungen und eine offene Kommunikation verringern ebenfalls Konflikte. Die Einführung eines Feedbacksystems ist zudem hilfreich.
Quelle: Medical-Tribune-Bericht
Hygiene in der Praxis: Musterpläne müssen her!
Welche Spielräume für Anpassungen haben Praxen bei Hygienemaßnahmen? Dieser Frage widmet sich ein Gutachten zum effizienten Ressourceneinsatz bei Hygienemaßnahmen in der Arztpraxis. Beauftragt hat es die KBV beim Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung. Die Begutachtung der Anforderungen für Arztpraxen erfolgte unter anderem mittels Dokumentenanalyse der Medizinhygieneverordnungen (MedHygVO) der Länder und einer Online-Befragung. Ärztinnen, Ärzte sowie MFA konnten ihre Einschätzungen über die Angemessenheit der MedHygVO in Bezug auf die eigene Praxis abgeben. Abgefragt wurde zudem die Verständlichkeit der jeweiligen Hygieneverordnung und weiterer Informationsquellen.
Während 51 % der Befragten die Anforderungen an den Hygieneplan als angemessen bewerteten, hielten 44 % sie für zu weitreichend. Die Überwachung durch die Gesundheitsämter empfanden 46 % als zu weitreichend. Der Bedarf an Musterplänen, die spezifischer auf die Besonderheiten unterschiedlicher Praxistypen eingehen, ist groß.
Die individuelle Praxisstruktur müsse viel mehr berücksichtigt werden, betont KBV-Vize Dr. Stephan Hofmeister. Die Niedergelassenen würden teils „mit Vorgaben konfrontiert, die für die Krankenhäuser gelten und nicht 1:1 auf die Gegebenheiten in den Arztpraxen übertragen werden“ könnten. Mit Blick auf den vielen Müll sei auch klar, „dass der Ressourcenverbrauch gesenkt werden muss“.
Hier geht es zum Gutachten:
bit.ly/Hygiene_Praxis