Praxissoftware Zentralinstitut veröffentlicht Umfrageergebnisse
Der KBV-Vorstand hat schon vermehrt von Klagen der Niedergelassenen über IT-Störungen berichtet. Statt über digitalen Bürokratieabbau reden die Praxisteams von zusätzlichem Aufwand. Gerade die Einführung der Anwendungen der Telematik-Infrastruktur werde von den Software-Anbietern „unterschiedlich gut umgesetzt“, erklärt das Zi den Anlass für seine Online-Umfrage vom 1. März bis 14. April 2024. 10.245 auswertbare Datensätze wurden in die Analyse einbezogen. Geantwortet haben niedergelassene Ärzte (64 %) bzw. Psychotherapeuten (22 %), angestellte Ärzte (4 %) sowie MFA oder anderes Praxispersonal (9 %).
Dass keine bzw. kaum Fehler im PVS auftreten oder dass der Praxisablauf nur einige Male im Jahr durch Softwareprobleme gestört wird, meldeten nur 19 % aller Teilnehmer. „Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Ursache von Softwarefehlern auch außerhalb der eigentlichen Praxissoftware, also beim Konnektor oder der gematik liegen kann“, erklärt das Zi. Dies könnten auch Gründe dafür sein, „dass selbst unter den zufriedenen Softwarenutzern immer noch ein Viertel darüber berichtet, dass der Praxisablauf mehrmals pro Woche oder täglich durch Softwarefehler gestört wird“. Bei den unzufriedenen Anwendern liege dieser Anteil bei 60 % – und „bei einzelnen Softwareanbietern noch höher“.
Das Zi hat über alle Berufsgruppen die Kundenzufriedenheit für 39 Praxisverwaltungssysteme mit mindestens 20 Bewertungen ermittelt. Kennzahl ist der Net-Promoter-Score (NPS). Eine Software landete nach diesem Schema auf dem Nullpunkt, 15 darüber (von +9 bis +76) und 23 darunter (von -5 bis -82). Bei Programmen mit einem Score von mehr als null überwiegen die positiven Bewertungen durch die Nutzer. Diese 15 zeichnen sich laut Zi durch eine „vermehrte Weiterempfehlung“ aus. Die Programme samt Anbieter listet das Institut der KBV und KVen zwar in einem Chart auf der Zi-Homepage namentlich auf, allerdings nur in alphabetischer Reihenfolge, nicht entsprechend des NPS-Rankings. Die 15 sind: DURIA (Duria), EL – Elaphe Longissima (Softland), EVA (Abasoft), EVIDENT (EVIDENT), FIDUS (FIDUS Software Entwicklung), InterARZT (InterData Praxiscomputer), Medical Office (Indamed EDV – Entwicklung und Vertrieb), MEDYS (MEDYS), PegaMed (PEGA Elektronik), Praxis-Programm (MediSoftware Computersysteme für Ärzte), Pro_Medico (Neutz GmbH Systemhaus), PsychoDat (ergosoft), SMARTY (New Media Company), T2med (T2med), tomedo (Zollsoft).
Die Namen der 24 anderen PVS werden nicht genannt. Es fällt allerdings auf, das die Programme der Schwergewichte im Markt, nämlich von CompuGroup Medical und medatixx, die laut KBV-Statistik die größten Marktanteile haben, nicht bei den genannten 15 der Zi-Auswertung zu finden sind. Immerhin: Von diesen Programmen finden sich acht auf der KBV-Liste der Top-20-Systeme bei Allgemeinmedizinern wieder – mit Installationszahlen im 2. Quartal 2023 von rund 180 bis 1.300 Einheiten. Jeweils fünf davon gehören auch zu den Top-20-Programmen der Internisten und der Praktiker.
Ein Sprecher von CompuGroup Medical begrüßte auf Medical-Tribune-Anfrage die ersten Ergebnisse der Zi-Umfrage zur Praxissoftware und TI. „Sie leisten einen Beitrag zur Transparenz und geben Impulse für weitere Verbesserungen.“ Man beschäftige sich intensiv und systematisch mit der Verbesserung von Produkten und Services. Dazu gehöre die umfängliche Betrachtung der Kundenzufriedenheit. „In diesem Sinne werden wir auch die Ergebnisse der bundesweiten Zi-Umfrage in unsere Entwicklung einbeziehen, sobald sie uns detailliert vorliegen.“
In den letzten Monaten sei z.B. „die Erreichbarkeit unseres Supports noch einmal deutlich gesteigert und die durchschnittliche Wartezeit mehr als halbiert“ worden, teilt CompuGroup Medical mit. Mehr als zwei Drittel der Kunden würden die Lösung ihres Anliegens nach dem ersten Kontakt bestätigen. „80 % der Anwenderinnen und Anwender, die uns im März 2024 zum Support Feedback gegeben haben, waren zufrieden oder sehr zufrieden.“ Das spiegele sich nicht in den Ergebnissen des Zi wider.
KBV bietet IT-Häusern ihre Rahmenvereinbarung an
„Es müsste den Anbietern eigentlich erheblich zu denken geben, wenn drei von vier Praxen ihre derzeitige Praxissoftware eher nicht weiterempfehlen wollen“, kommentiert KBV-Vorstandsmitglied Dr. Sibylle Steiner die Zi-Befragung. Sie appelliert „an alle PVS-Anbieter, mit uns eine Rahmenvereinbarung abzuschließen“. Damit könnten die Unternehmen für ihre Kunden einen wichtigen Beitrag zur Transparenz leisten.
Bei der Zertifizierung von Praxissoftware prüft die KBV, ob das System gesetzliche Anforderungen erfüllt – z.B., ob die Formulare den Vorgaben entsprechen. „Dies bildet nur begrenzt ab, wie gut es in der Praxis funktioniert“, schreibt die Körperschaft. Deshalb wurde sie vom Gesetzgeber beauftragt, eine Rahmenvereinbarung zu erstellen, die Leistungspflichten, Vertragsstrafen, Preise, Laufzeiten und Kündigungsfristen von PVS-Anbietern gegenüber den Vertragsärzten und -psychotherpeuten regelt. Dieses Werk liegt mittlerweile vor, ihr Abschluss ist für die PVS-Anbieter aber freiwillig.
Worin unterscheidet sich die bei der Zi-Umfrage von den Praxisteams am besten bewertete Software (NPS: +76, n= 343 Antworten) von der am schlechtesten bewerteten (NPS: –82, n= 942)? Im Fall des Rankingletzten beklagten 85 % der Antwortenden Fehler bzw. Probleme nach einem PVS-Update; beim Primus taten dies nur 18 %. Jeweils über 70 % der Anwender monierten beim Schlusslicht der Zi-Auswertung Fehler/Probleme beim Verbindungsaufbau des Konnektors mit der TI, beim Erstellen des eRezepts via TI und beim Signieren. Auch bei der bestbewerteten Software hakte es hier, das sagten aber nur 20 bis 32 % der Nutzer. Weitere Ärgernisse gab es laut Zi-Befragung bei der TI-Nutzung der eAU via KIM und beim Auslesen der eGK. Dass es keine bzw. kaum Probleme gab, verkündeten 49 % der Anwender der Nr.-1-Software, aber nur 1 % des Schlusslichts. Von welchen beiden Programmen hier konkret die Rede ist, verrät das Zi nicht.
Dass keine volle Transparenz hergestellt wird, erklärt ein Institutssprecher auf Nachfrage mit „möglichen juristischen Implikationen“. In einer Pressemitteilung wird allerdings eine vollständige Auswertung der Umfrageergebnisse „zu einem späteren Zeitpunkt in einer wissenschaftlichen Veröffentlichung“ angekündigt. Darin seien Klarnamen vorgesehen, teilt die Pressestelle mit.
48 % der Umfrageteilnehmer sind mit ihrer aktuellen Praxissoftware unzufrieden und würden diese nicht weiterempfehlen, stellt das Institut fest. Von diesen unzufriedenen Nutzern wären rund zwei Drittel bereit, das Softwaresystem zu wechseln.
8,5 % bzw. 860 der Teilnehmer berichteten, einen Wechsel schon vollzogen zu haben. Dazu äußerten sich 479 (56 %) zufrieden, sie würden ihr neues System weiterempfehlen. 165 (19 % der Umsteiger) blieben dagegen auch nach dem Systemwechsel unzufrieden.
Obwohl ein Austausch der Verwaltungssoftware Zeit und Geld kostet und während der Umstellung auch die Versorgung der Patienten einschränkt, ermuntert Zi-Vorstandschef Dr. Dominik von Stillfried Praxen, diesen Schritt durchaus ins Auge zu fassen. Schließlich benötigten alle eine funktionsfähige Software zur Verarbeitung der Patientendaten, zur Kommunikation mit anderen Einrichtungen sowie zur Abrechnung. Das Zi schlägt eine „regelmäßig aktualisierte Referenzdatenbank“ vor. Hier könnten sich wechselwillige Praxisinhaber orientieren, damit sie nicht an einen Anbieter mit einem hohen Anteil unzufriedener Kunden geraten. Mit der Liste der 15 positiv bewerteten Systeme biete man Wechselwilligen eine „vorläufige Orientierung“.
Das Zi schlägt ferner vor, Umstiege zu belohnen: „So wie die Politik die Digitalisierung der Krankenhäuser finanziell fördert, könnte der Wechsel zu Praxissoftwaresystemen gefördert werden, die nach vorheriger Prüfung eine bessere Funktionalität bzw. einen besseren Service bieten und damit zur Umsetzung der Telematik-Infrastruktur besser geeignet sind.“
Zi-Medieninfo plus Anlage: https://t1p.de/2kwsd
Quelle: Medical-Tribune-Bericht