Kombinierter Nikotinersatz Abschied vom Glimmstängel
Die einfache Frage „Rauchen Sie?“ sollte jeder Patientin und jedem Patienten gestellt werden, unabhängig vom Konsultationsgrund. Lautet die Antwort „Ja“, folgt eine kurze Beratung. Dabei legt man den Nikotinverzicht nahe, man schildert die Vorteile des rauchfreien Lebens und informiert über die Möglichkeiten, die bei der Entwöhnung helfen. Es ist wichtig, in dieser Phase ein konkretes Angebot parat zu haben, beschreibt das Autorenteam um PD Dr. Matthias Raspe vom Fächerverbund für Infektiologie, Pneumologie und Intensivmedizin der Charité – Universitätsmedizin Berlin.
Auch Raucherinnen und Raucher, die momentan nicht vom Tabak lassen möchten, sollte man bei jedem Kontakt zum Tabakverzicht motivieren. Wer seinen Zigarettenkonsum lediglich verringern möchte, dem kann man dies mit einer Nikotinersatztherapie erleichtern.
Strukturierte Programme zur Entwöhnung sind der Kurzberatung überlegen, vor allem wenn sie mit Medikamenten kombiniert werden. Diese Angebote beinhalten verhaltenstherapeutische Maßnahmen, etwa zur Rückfallprophylaxe. Auch Smartphone-Apps, Websites und Online-Communitys sind wirksam. Die dort angebotenen kostenpflichtigen Entwöhnungsprogramme können zum Teil auf Kassenrezept verordnet werden.
Die Tabakentwöhnung lässt sich mit Nikotinersatzprodukten unterstützen, die als Pflaster, Kaugummis, Lutschtabletten oder Inhalatoren zur Verfügung stehen. Sie sollen die Entzugserscheinungen lindern, während die Ausstiegswilligen ihre körperliche und psychische Abhängigkeit überwinden. Mit Nikotinersatz besserten sich die Erfolgsraten um 55 %, mit der Kombination von zwei unterschiedlichen Präparaten ließ sich gar eine Verdopplung erreichen. Am besten kombiniert man eine lang wirksame mit einer kurz wirksamen Methode. Eine Unterdosierung ist zu vermeiden, sie könnte zum Therapieabbruch führen.
Als lang wirksame Option haben sich die Pflaster bewährt. Sie sorgen für gleichmäßige Nikotinspiegel ohne ausgeprägte Spitzen oder Tiefpunkte. Produkte mit rascher Freisetzung wie Lutschtabletten ahmen eher die Zigarette nach. Die Therapiedauer liegt in der Regel bei acht bis zwölf Wochen, kann aber bei erhöhtem Rezidivrisiko verlängert werden.
Eine weitere medikamentöse Option ist Vareniclin. Als partieller Agonist an den zerebralen Acetylcholinrezeptoren verringert es das Verlangen nach Nikotin und lindert die Entzugssymptome. In randomisierten kontrollierten Studien wirkte es besser als Bupropion oder die Monotherapie mit Nikotinersatzprodukten. Rauchfreiheit erreichten nach zwölf Wochen 44 % der Behandelten, unter Bupropion waren es 30 %, unter Placebo 18 %. Wegen unerwünschter Effekte wie Schlafstörungen, abnormer Träume oder Durchfällen sollte man die Vor- und Nachteile der Substanz mit dem Patienten, der Patientin besprechen. Eine Kombination von Nikotinersatz und Vareniclin wird mangels Evidenz derzeit nicht empfohlen.
Dampfen statt Rauchen?
E-Zigaretten sind zur Tabakentwöhnung ungeeignet, macht das Autorenteam um Dr. Raspe klar. Studiendaten belegen schädliche Kurz- und Langzeiteffekte wie erhöhte Inflammation und Infektanfälligkeit, im Tiermodell auch strukturelle und funktionelle Lungenveränderungen. Außerdem neigen viele (60–80 %) beim Konsum zum Dual Use von Tabak und nikotinhaltigem Liquid.
Eine Alternative zu Vareniclin ist Cytisin. Dieses pflanzliche Alkaloid ist wirksamer als Placebo und möglicherweise auch dem alleinigen Nikotinersatz überlegen. Unter Cytisin kann es zu gastrointestinalen Beschwerden kommen. Schwere Nebenwirkungen sind bisher nicht bekannt, was aber eventuell an der noch relativ frischen Zulassung liegt. Dr. Raspe und Team raten, die Substanz vorerst nur in der Zweitlinie zu verordnen.
Auch das atypische Antidepressivum Bupropion ist für die Nikotinentwöhnung zugelassen. Es ist aber weniger wirksam als Vareniclin. Absolute Kontraindikation besteht bei:
- Anfallsleiden
- Tumoren des zentralen Nervensystems
- Psychopharmakatherapie wegen schwerer psychiatrischer Erkrankungen
Ernste psychiatrische Nebenwirkungen wie Suizidalität wurden nicht vermehrt beobachtet. Es besteht aber eine Interaktion mit dem Cytochrom-P450-System. Vom zeitgleichen Einsatz einer Nikotinersatztherapie wird abgeraten, da der Effekt der Kombination nicht belegt ist und das Nebenwirkungsrisiko leicht erhöht zu sein scheint.
Die medikamentöse Behandlung sollte durch verhaltens- oder gesprächstherapeutische Verfahren unterstützt werden. Denn die Kombination von Pharmaka und einer Beratung über mehrere Sitzungen hinweg ist der alleinigen Pharmakotherapie erwiesenermaßen überlegen.
Quelle: Raspe M et al. Z Pneumologie 2024; 65: 365-375; DOI: 10.1007/s10405-024-00555-y