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Appendizitis: Kinder mit Blinddarmentzündung operieren

Autor: Dr. Elke Ruchalla

Die Operation scheint immer noch die beste Alternative zu sein. Die Operation scheint immer noch die beste Alternative zu sein. © iStock/ChaNaWiT
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Die Behandlung eines entzündeten Blinddarms gilt als Domäne der Chirurgie. Seit einigen Jahren kursieren jedoch Studien, die ein zunächst konservatives Vorgehen befürworten. Operativ tätige Kollegen halten nicht wirklich viel davon.

Seit gut 30 Jahren erfolgt die Behandlung der Appendizitis vorzugsweise laparoskopisch, sodass Kranke sich nach dem Eingriff schneller erholen. Sie einfach mit Antibiotika zu kurieren, ohne dass eine Operation notwendig ist – das klingt dennoch bestechend.

In einer Reihe von Studien wurde das Vorgehen bei unkomplizierter, also nicht-perforierter Appendizitis geprüft. Allerdings genügen die Untersuchungen nur selten den Anforderungen der evidenzbasierten Medizin, kritisieren Privatdozent Dr. Jens Dingemann und Professor Dr. Benno M. Ure vom Zentrum für Kinderchirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover.

Nur eine von zehn Studien war randomisiert

Und wie schaut die Datenlage für Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr aus? In ihrem Artikel berücksichtigten die beiden Mediziner vor allem eine Metaanalyse aus dem Jahr 2017, die zehn Studien umfasst. In sechs Untersuchungen hatten Forscher die beiden Behandlungsansätze medikamentös vs. operativ direkt miteinander verglichen, in nur einer allerdings die Patienten randomisiert dem einen oder anderen Verfahren zugewiesen.

Medikamentöses Vorgehen kann nicht der Standard sein

Gut die Hälfte der in die Metaanalyse eingeschlossenen 766 Kinder hatte zunächst eine Antibiose erhalten. Letztlich erwies sich die konservative Therapie im Langzeitverlauf für 77 % als erfolgreich. Zu den 23 % nicht erfolgreich Behandelten zählten Personen mit erneuter Antibiose oder sekundärer OP bis 51 Monate nach dem Vorstellen.

Eindeutige Angaben zu den his­tologischen Ergebnissen der primär operierten Kinder (Appendizitis bestätigt?) fehlen. Bei beiden Behandlungsarten mussten die Patienten insgesamt ähnlich lange im Krankenhaus bleiben, die Komplikationsraten unterschieden sich nicht signifikant.

Nach wissenschaftlichen Kriterien könne die medikamentöse Behandlung der akuten Appendizitis zum jetzigen Zeitpunkt kein Standardverfahren darstellen, schreiben die Autoren. So lange die Datenlage derart unklar ist, sollte eine alleinige Antibiose klinischen Studien vorbehalten bleiben. Eine solche Studie – APPY – läuft derzeit und soll etwa 1000 Kinder aufnehmen. Erste Ergebnisse sind fürs nächste Jahr angekündigt.

Laut Dr. Dingemann und Professor Ure sollte man die Fragestellung jedoch auch im Kontext des Risikos für Antibiotikaresistenzen sowie einer erhöhten Tubeninfertilität bei Mädchen nach höhergradiger Appendizitis betrachten.

Quelle: Dingemann J, Ure BM. Kinder- und Jugendarzt 2019; 50: 460-463