Schistosomiasis Auf den Wurm gekommen
In der Epidemiologie der Schistosomiasis, beim klinischen Bild und bei der Diagnostik der Tropenkrankheit hat sich in den vergangenen Jahren einiges getan, sagte Prof. Dr. Dr. Sören Becker vom Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene am Universitätsklinikum des Saarlandes. So sind zu den bekannten Endemieregionen, die im Wesentlichen auf dem afrikanischen Kontinent südlich der Sahara liegen, in den vergangenen Jahren neue Risikogebiete in Europa hinzugekommen, beispielsweise auf Korsika und im spanischen Almeria. Auch in Portugal hat es bis in die 80er-Jahre immer wieder autochthone Übertragungen gegeben, berichtete Dr. Becker. Im Zuge von Klimaveränderungen könnten künftig also durchaus weitere europäische Regionen von lokalen Ausbrüchen betroffen sein.
Reiseziele in Afrika, die mit Blick auf die Schistosomiasis Bedeutung haben, sind nach Einschätzung des Referenten insbesondere die großen Seen (Malawi-, Viktoria-, Tanganyikasee), die viel bereisten Flüsse wie Nil, Sambesi, Omo und Niger, das Okavangodelta in Botswana sowie die Region Banfora in Burkina Faso. Es ist eine fokale Erkrankung, beschrieb er. Überall dort, wo in den Endemiegebieten Flüsse oder Süßwasserseen zu finden sind, müsse man mit der Bilharziose rechnen.
Der komplexe Lebenszyklus der Erreger beginnt mit dem Eintrag der Eier in ein Süßgewässer über den Stuhl, bei einigen Schistosoma-Arten über den Urin. Speziesabhängig agieren ganz bestimmte Wasserschnecken als Zwischenwirt. Die Parasiten verlassen die Weichtiere als sogenannte Zerkarien, die frei im oberflächennahen Wasser schwimmen. Sie infizieren den Menschen durch die intakte Haut hindurch, wandeln sich zur Larve, wandern in die Lunge und von dort in die Blutgefäße.
Je nachdem, ob man einen Reisenden, einen Migranten oder jemanden, der dauerhaft in einem Endemiegebiet lebt, vor sich hat, unterscheidet sich die Symptomatik der Trematodeninfektion teilweise sehr deutlich. Bei Kurzzeitaufenthalten von immunologisch naiven Personen ist das sogenannte Katayama-Syndrom die häufigste Form. Diese Erkrankung tritt in der Regel zehn bis zwölf Wochen nach Süßwasserkontakt als allergieartiges akutes Fieber auf, also zu einem Zeitpunkt, an dem viele diagnostische Tests noch negativ sind. Oft geht die Infektion mit Husten und Eosinophilie einher, mitunter mit Hautveränderungen (Zerkarien-Dermatitis) und transienten pulmonalen Infiltraten. Therapeutisch steht die Kontrolle der systemischen Immunreaktion vor allem mit Steroiden im Vordergrund, im Verlauf folgt Praziquantel.
Eine chronische Schistosomiasis ist in den meisten Fällen die Folge eines wiederholten Kontakts mit dem Erreger beim Baden, Schwimmen oder Waten in einem kontaminierten Binnengewässer. Sie kann aber auch nach einmaliger Exposition auftreten. Bei Reisenden nach Langzeitaufenthalt in einem Endemiegebiet sollte bei unklarer Eosinophilie an den Parasiten gedacht werden, insbesondere wenn Diarrhöen oder eine Hämaturie hinzukommen. Möglich sind hepatisch-intestinale Infektionen durch Schistosoma mansoni, die bis zu einer Leberfibrose und portalen Hypertonie reichen können, sowie die durch S. haematobium ausgelöste urogenitale Form. Bei ihr ist mit pulmonaler Hypertonie zu rechnen, im Einzelfall auch mit einer Neuroschistosomiasis durch die aberrante Eiablage im zentralen Nervensystem.
Naheliegenderweise steigt mit der Reisedauer die Infektionsgefahr. Einer aktuellen Untersuchung zufolge, die Prof. Becker vorstellte, wurde bei Reiserückkehrern, die nach einem Aufenthalt in den Tropen von weniger als einem Monat in die Klinik mussten, bei lediglich 0,3 % der Patienten eine Schistosomiasis festgestellt. Nach sechsmonatiger oder längerer Reise waren es 8,3 %. Und die Prävalenz der chronischen Schistosomiasis bei Migranten aus Subsahara-Afrika liegt einem systematischen Review zufolge bei ca. 24 %.
Diagnostisch werden je nach Krankheitsstadium serologische Tests und ein direkter Erregernachweis mittels Mikroskopie oder die Antigenbestimmung eingesetzt. Insbesondere bei Verdacht auf das Katayama-Fieber, wenn sowohl Serologie als auch der Nachweis von Eiern noch negativ ist, zeigt die PCR ihre Stärke. Als Test-of-cure-Verfahren ist die PCR aber ungeeignet, betonte Prof. Becker. Denn auch nach erfolgreicher Therapie kann das Ergebnis für mehr als zwölf Monate positiv bleiben. Therapeutisch ist Praziquantel das Anthelminthikum der ersten Wahl.
Quelle: Kongressbericht 25. Forum Reisen und Gesundheit