Calcitonin-Screening: Falsch-positive Befunde schwächen Aussagekraft bei Schilddrüsenherden
Nur selten handelt es sich bei einem Schilddrüsenknoten um ein medulläres Schilddrüsenkarzinom. Dieser neuroendokrine Tumor geht von den parafollikulären C-Zellen aus und produziert das Hormon Calcitonin, einen wichtigen Tumormarker. Der Calcitoninspiegel hat zwar eine hohe Sensitivität und Spezifität bezüglich der Tumordetektion, berichten Dr. Hans H. Verbeek von der Abteilung für Endokrinologie der Universität Groningen und Kollegen. Angesichts der niedrigen Prävalenz – und damit verbunden dem geringen positiven Vorhersagewert – eignet er sich jedoch gegenwärtig nicht als genereller Routinetest bei Herdbefunden.
Im Rahmen einer Cochrane-Analyse hatte das Team anhand von 16 Studien mit mehr als 72 000 Teilnehmern die diagnostische Leistungsfähigkeit des Calcitonins bezüglich der Tumordetektion untersucht.
Die mediane Tumorprävalenz betrug ihren Berechnungen zufolge 23 medulläre Schilddrüsenkarzinome pro 10 000 Patienten mit Schilddrüsenknoten. Ein basaler Calcitonin-Grenzwert von 10 pg/ml identifiziert zwar nahezu alle Betroffenen, angesichts der Seltenheit des Tumors errechneten die Forscher jedoch eine relativ hohe Falsch-Positiv-Rate.
Auswirkungen auf die Prognose unbekannt
Denn von den 10 000 gescreenten Patienten hätten 280 ein positives Testergebnis durch erhöhte Calcitoninspiegel aufgrund anderer Ursachen gehabt, z.B. Thyreoiditis, Hyperkalzämie oder chronische Niereninsuffizienz. Selbst wenn sich bei 90 % die Ursache nachträglich abklären ließe, würde sich der verbliebene Teil möglicherweise einem risikobehafteten operativen Eingriff unterziehen, der vollkommen unnötig wäre, warnen die Forscher.
Sie stellten bei der Auswertung der verfügbaren Studien außerdem einige Unsicherheiten fest: Z.B. wurden die negativ getesteten Patienten nicht nachbeobachtet – eine Verzerrung der Tumorprävalenzschätzung ist daher wahrscheinlich.
Bevor für Patienten mit Schilddrüsenknoten ein generelles Calcitonin-Screening empfohlen werden kann, sind weitere Studien notwendig, so das Fazit der Experten. Diese müssen unter anderem beleuchten, ob sich eine Routinetestung überhaupt auf die Prognose der Krebspatienten auswirkt. Außerdem müssen die optimalen Cutoffs für die jeweiligen Tests ermittelt werden, ebenso wie die Patientensubgruppen mit besonders großem Screeningnutzen.
Quelle: Verbeek HH et al. Cochrane Database Syst Rev 2020; DOI: 10.1002/14651858.CD010159.pub2.