Hodenkrebs Cave: Einige Patienten könnten nach OP von Kryokonservierung profitieren

Autor: Dr. Judith Besseling

Eine Arbeitsgruppe bearbeitet die Fragestellung, ob es einen Unterschied macht, Spermien von Männern vor oder nach einer Ablatio testis zu kryo­konservieren. Eine Arbeitsgruppe bearbeitet die Fragestellung, ob es einen Unterschied macht, Spermien von Männern vor oder nach einer Ablatio testis zu kryo­konservieren. © Christoph Burgstedt – stock.adobe.com

Männer mit Hodentumoren sind häufig noch jung. Für sie spielt der Fertilitätserhalt eine große Rolle. Welcher Zeitpunkt dafür am besten geeignet ist, wollten Forschende aus Münster klären.

Macht es einen Unterschied, Spermien von Männern vor oder nach einer Ablatio testis zu kryo­konservieren? Dr. Maria­ Schubert­, Universitätsklinikum Münster, stellte Daten aus ihrer Arbeitsgruppe vor, mit denen sie dieser Fragestellung auf den Grund gingen. Sie und ihre Mitarbeitenden befassen sich mit der Fertilitätserhaltung bei Keimzelltumoren des Hodens.

Wie sie verdeutlichte, bringt die Kryokonservierung vor der Orchiektomie einige Herausforderungen mit sich:

  • mangelde Aufklärung
  • räumliche Trennung von Fertilitätszentrum und Urologie
  • Zeitdruck
  • psychische Belastung

Die Onkologin betonte, dass die Datenlage zum Einfluss des Eingriffs auf die Spermatogenese sehr gering und widersprüchlich sei. „Es gibt eher ältere Studien, die meistens retrospektiv sind.“

Sie und ihr Team führten deshalb an ihrem Zentrum eine prospektive Studie durch, in der 25 Patienten mit TGCC eingeschlossen wurden.  Die Männer waren im Median 30 Jahre alt; 16 hatten ein Seminom, 9 ein Nichtseminon. Sie unterzogen sich einer ersten Kryokonservierung, gefolgt von der Operation. Innerhalb von acht Wochen nach dem Eingriff stellten die Betroffenen sich ein weiteres Mal vor, um ein Spermio­gramm zu erstellen mit der Möglichkeit zu einer zweiten Kryokonservierung. Drei Monate postoperativ war ein weiterer Kontrolltermin ge­plant, den allerdings nur fünf der Teilnehmenden wahrnahmen, berichtete Dr. Schubert.

Als primären Endpunkt definierten die Expert:innen die Veränderung in der Gesamtspermienzahl vor versus nach Ablatio testis. Dabei werteten sie einen Abfall der Spermienzahl von mehr als 50 % als klinisch relevant, erläuterte die Referentin. Sekundäre Endpunkte umfassten Spermienmotilität, -vitalität und -konzentration sowie das Ejakulations­volumen.

Sieben Männer produzierten nach Ablatio mehr Spermien

Die Ejakulatsanalyse ergab eine Gesamtspermienzahl von median 52,8 Millionen/Ejakulat vor der OP vs. 26,5 Millionen danach. „In der statistischen Auswertung sehen wir dann allerdings keinen signifikanten Effekt“, betonte die Referentin. Im sekundären Endpunkt werde aber deutlich: Sowohl die Spermienkonzentration als auch die -motilität sind nach dem Eingriff signifikant niedriger (jeweils p = 0,004). Nicht überraschend, aber prospektiv und statistisch sauber aufgearbeitet, fasste sie zusammen.

Auf eine Subgruppe von sieben Männern ging Dr. Schubert detailliert ein. Bei ihnen wurde postoperativ eine höhere Spermiengesamtzahl gemessen. „Das ändert nichts an der Empfehlung, die Kryokonservierung präoperativ durchzuführen“, lautete das Urteil der Vortragenden. Dennoch sei ein zusätzliches Depot nach der OP möglicherweise in der genannten Subgruppe sinnvoll, um eine höhere Fertilitätsprotektion zu gewährleisten.

Für die Zukunft planen Dr. Schubert und Kolleg:innen eine größer angelegte multizentrische Studie. In ihr wollen sie untersuchen, was diese Subgruppe genau charakterisiert, um die Ergebnisse besser zu verstehen.

Quellen:
Schubert M et al. 74. Kongress der DGU; „Cryopreservation of sperm prior and post orchiectomy – the timing matters!“