Chronisches Fatigue-Syndrom manifestiert sich meist durch Belastungsintoleranz

Autor: Maria Fett

Die meisten der Patienten sind nicht mehr arbeitsfähig. (Agenturfoto) Die meisten der Patienten sind nicht mehr arbeitsfähig. (Agenturfoto) © StockPhotoPro – stock.adobe.com

Dem Chronic Fatigue Syndrom kommt man nur auf die Spur, wenn man andere Erkrankungen ausschließt und sich an bewährte Diagnosekriterien hält. Mit drei Therapiestrategien lassen sich die Beschwerden dann lindern.

Sehr wichtig sei es, die Symptome Müdigkeit und Fatigue nicht mit dem eigenständigen Krankheitsbild des Chronic Fatigue Syndroms gleichzusetzen, betonte Dr. Claus-Hermann Bückendorf, Umweltmediziner aus Kiel. Das auch kurz als CFS bezeichnete Syndrom hat hierzulande etwa 300 000, oftmals jüngere Menschen im Griff, wobei der Erkrankungsgipfel zwischen dem 15. und 40. Lebensjahr liegt. Die meisten der Patienten sind nicht mehr arbeitsfähig, nur bei 10–30 % bessert sich die Multisystemerkrankung.

Zu den Auslösern zählen laut Dr. Bückendorf häufig akute Infektionen, z.B. mit dem Epstein-Barr-Virus oder mit Coxsackie-Viren. Klinisch ist die CFS durch die Trias Fatigue, neurokognitive und immunologische Symptome gekennzeichnet. Betroffene berichten von einer anhaltenden schweren Müdigkeit, ohne zuvor aktiv gewesen zu sein. Hinzu kommen starke Konzentrationsprobleme und beeinträchtigte Wahrnehmung, gelegentlich periphere sensorische sowie motorische Störungen. Viele Betroffene sind reiz- und stressempfindlich.

Einen spezifischen Labortest oder Biomarker gibt es nicht

Im Verlauf treten autonome Dysfunktionen sowie Schmerzen in Muskeln, Gelenken und im Kopf auf. Bei einem Teil der Patienten kommt es zu Autoimmunreaktionen (s. Kasten). Eines der zuverlässigsten Zeichen ist die Belastungsintoleranz, weiß der Kollege. „Während müde Patienten oft noch eine bis zwei Stunden spazieren oder radfahren können, legen schon ein paar Schritte CFS-Patienten für Tage lahm.“

Vermutlich eine Autoimmunerkrankung

Die Hinweise mehren sich, dass es sich um eine Autoimmunerkrankung handeln könnte. Zum Beispiel überlappt das Chronic Fatigue Syndrom häufig mit Fibromyalgie (30–77 %), Hashimoto-Thyreoiditis (17–20 %) und dem posturalen orthostatischen Tachykardiesyndrom (11–40 %), erklärte Dr. Bückendorf. Zudem haben Betroffene Autoantikörper gegen Neurotransmitter-Rezeptoren (β2AdR, M3AchR) und eine Therapie mit Rituximab oder Cyclophosphamid führt zum Erfolg.

Im klinischen Alltag lässt sich das Syndrom besser mit den kanadischen Definitionskriterien dokumentieren als anhand des ICD, sagte Prof. Bückendorf (s. Kasten). Für die weitere Diagnostik riet er, nicht nur Basisparameter (CRP, Blutbild, Leberwerte, Kreatinin, TSH, Blutzucker, Ferritin, Vitamin D) zu messen. Im Speziallabor sollten zudem Immundefekt- und Infektionsdiagnostik (u.a. Borrelien, EBV), Tests auf Nahrungsmittelintoleranzen, Allergien und Zonulin durchgeführt sowie die Mitochondrienfunktion und Autoantikörper bestimmt werden.

Das CFS kanadisch erkennen

Nach den kanadischen Konsensuskriterien muss der Patient über mindestens sechs Monate folgende Symptome aufweisen:
  • erhebliche Erschöpfung
  • Schlafstörungen
  • Schmerzen (v.a. Myalgien)
  • zumindest zwei neurologische und kognitive Störungen
  • vegetative, neuroendokrine und immunologische Symptome
Folgende Ursachen müssen als Auslöser des Syndroms ausgeschlossen sein: neurologische Erkrankungen, aktive Krankheitsprozesse, Medikamentenmissbrauch, Drogen, immunologische Erkrankungen.

Quelle: Carruthers BM et al. Journal of Chronic Fatigue Syndrome 2003; 11: 7-115

Der Umweltmediziner betonte allerdings: Einen spezifischen Labortest oder Biomarker für das CFS gibt es nicht. Idealerweise misst man noch die Herzfrequenzvariabilität und Laktat, greift zum Compass*-Fragebogen und der Chalder Fatigue Scale, um die Diagnose abzusichern. Die Therapie letztlich fußt auf drei Säulen: Aufklären und zum Energiemanagement („Pacing“) anleiten, symptomorientiert behandeln sowie Stress, Infekte und Allergien kontrollieren.

* Composite Autonomic Symptom Score

Quelle: 125. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin