COPD: Geringer Atemwegsdurchmesser als bedeutender Risikofaktor
Rauchen gilt als Hauptrisikofaktor für eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD). Allerdings entwickelt nur ein kleiner Teil der lebenslangen Raucher eine COPD und umgekehrt haben bis zu 30 % der COPD-Patienten nie geraucht. Auch weitere Risikofaktoren wie Passivrauchen, berufliche Exposition gegenüber inhalativen Noxen, Luftverschmutzung oder ein Asthma erklären diese Diskrepanz nicht.
Vermessung mittels Computertomographie
Eine Studie zeigte, dass 50 % der COPD-Fälle bei älteren Erwachsenen auf einer grundlegend niedrigen Lungenfunktion basieren, nicht auf deren beschleunigtem Abbau. Ursache dafür ist möglicherweise eine Dysanapsis, also ein in Relation zum Lungenparenchym zu geringer Atemwegsdurchmesser, der die spätere Obstruktion begünstigen könnte. Dr. Benjamin m. Smith vom McGill University Health Centre Research Institute in Montreal und Kollegen gingen nun der Frage nach, inwiefern die Dysanapsis für eine COPD prädisponiert.
Hierzu werteten die Wissenschaftler die Daten von rund 6500 älteren Patienten aus, die an verschiedenen Studien teilgenommen hatten. Alle waren mittels Computertomographie auf das Vorliegen einer Dysanapsis untersucht worden. Diese berechneten die Forscher, indem sie das geometrische Mittel des Atemwegsdurchmessers an 19 standardisierten anatomischen Lokalisationen durch die Quadratwurzel des gesamten Lungenvolumens teilten. Dann prüften die Autoren, welcher Zusammenhang zwischen diesem Atemwegs-Lungen-Verhältnis und einer spirometrisch und klinisch diagnostizierten COPD bestand.
Das Ergebnis: Personen mit einem in Relation zum Lungenvolumen zu geringen Kaliber der Atemwege erkrankten – unabhängig von weiteren Risikofaktoren wie (Passiv-)Rauchen, inhalativer Schadstoffexposition oder Asthma – signifikant häufiger an einer COPD.
Kleinere Atemwege, weniger Reserven
Die Weichen für eine COPD werden bereits in jungen Jahren, während der Entwicklung des respiratorischen Systems, gestellt, schlussfolgern die Forscher. Eine Dysanapsis stellt dabei einen bedeutenden Risikofaktor dar: Betroffene können offenbar auch ohne Rauchervorgeschichte eine chronische Lungenobstruktion entwickeln. Dagegen haben Menschen mit verhältnismäßig großen Atemwegen vermutlich größere physiologische Reserven, die zusätzliche Faktoren wie Rauchen und andere inhalative Schäden bis zu einem gewissen Grad kompensieren.
Quelle: Smith BM et al. JAMA 2020; 323: 2268-2280; DOI: 10.1001/jama.2020.6918