COPD-Patienten gegen Grippe, Pneumokokken und Pertussis impfen
Im neuen GOLD-Report wird empfohlen, COPD-Patienten auch gegen Pertussis zu impfen. Wie kam es zu dieser Entscheidung?
Professor Dr. Claus Vogelmeier: Eine britische Arbeitsgruppe publizierte kürzlich, dass sich bei Patienten mit COPD im Monat vor der Pertussisdiagnose signifikant mehr Arztbesuche, Medikamentenverordnungen und Notaufnahmen häuften. Die Pertussis wird bei älteren Menschen wegen der unspezifischen Symptome oft verspätet diagnostiziert, daher müssen wir davon ausgehen, dass diese Patienten zu diesem Zeitpunkt bereits erkrankt waren. Zusätzlich lässt sich aus großen epidemiologischen Studien ableiten, dass die Pertussisinzidenz bei Erwachsenen generell viel höher liegen muss, als es die Meldezahlen vermuten lassen.
Haben wir, überspitzt gefragt, in Zeiten von COVID-19 nicht ganz andere Probleme, als Senioren gegen eine Kinderkrankheit zu impfen?
Prof. Vogelmeier: Im Gegenteil! Gerade jetzt sollten wir alles unternehmen, um unsere Patienten vor den Atemwegsinfektionen zu schützen, gegen die es wirksame Vakzine gibt. Deshalb sollten sie auch umgehend gegen Influenza geimpft werden, sofern nicht schon passiert, und gegen Pneumokokken. Stellen Sie sich vor, ein 60-jähriger COPD-Patient erkrankt schwer an Pertussis, muss deshalb ins Krankenhaus, wo er sich mit SARS-CoV-2 infizieren könnte. Diese Risiken sollten wir den Patienten wirklich ersparen.
Wie würden Sie praktisch vorgehen?
Prof. Vogelmeier: Leider gibt es ja keinen monovalenten Pertussisimpfstoff mehr bei uns, sodass eine Impfung ausschließlich gegen Keuchhusten nicht möglich ist. Die STIKO empfiehlt schon seit einigen Jahren, alle Erwachsene bei der nächsten anstehenden Tetanus-Diphtherie-Auffrischung, falls noch nicht erfolgt, einmalig mit der Dreifachvakzine zu impfen, die auch eine niedrig dosierte azelluläre Pertussiskomponente enthält. Zudem weisen sie darauf hin, dass bezüglich des Td-Impfstoffes Nebenwirkungen bei verkürzten Impfintervallen kaum häufiger sind als bei Wiederimpfung nach zehn Jahren. Insofern würde ich bei Patienten, die ich als besonders gefährdet einschätze, auch eine frühere Impfung mit Tdap erwägen.
Quelle: Medical-Tribune-Interview