Vermeidbare ZNS-Infektionen Jedem Zweiten drohen Langzeitfolgen
FSME, Influenza A, Polio, Pertussis, Masern – dies sind nur fünf Beispiele von mehr als 20 impfpräventablen Krankheiten, die mit neurologischen Manifestationen einhergehen können. Bei vielen sind diese auf eine Meningitis oder Enzephalitis beschränkt, bei anderen kommen sie eher heterogen daher. Beispielsweise steht bei der Dengue-Virusinfektion zwar die Enzephalitis im Vordergrund, doch es werden auch Enzephalopathie, Myelitis, Guillain-Barré-Syndrom oder Myositis beobachtet.
Zentralnervöse Manifestationen ziehen bei 40–60 % der Betroffenen Folgeprobleme nach sich. Erkenntnisse, wie groß die Gefahr erregerspezifisch betrachtet ist, sind jedoch limitiert, erklärte Professor Dr. Martin Häusler, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der RWTH Aachen. Man weiß aber, dass akute Enzephalitiden insgesamt bei etwa der Hälfte der Erkrankten u.a. Lähmungen, kognitive Probleme, Sprachstörungen, Epilepsie oder Persönlichkeitsveränderungen verursachen. Eine Restitutio ad integrum wird Studien zufolge nur in den ersten sechs bis zwölf Monaten beobachtet.
Am Syndrom beteiligt
- subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) bei Masern,
- Schlaganfall bzw. Vaskulitis bei Varizellen,
- schlaffe Parese bei Poliomyelitis,
- Nervenparesen bei Diphtherie und
- die Embryopathie bei Röteln.
Röteln können umfassende Organschäden verursachen
Unter den Langzeitfolgen der Poliomyelitissteht zwar die schlaffe Lähmung im Vordergrund, es treten u.a. aber auch kognitive und psychiatrische Störungen, Kreislauf- sowie Atemwegserkrankungen auf. Die Lähmung verursacht eine Deformierung des Körpers und funktionelle Einschränkungen, die den Organismus insgesamt schwächen, erläuterte Dr. Häusler. Man dürfe daher nicht nur auf die neurologischen Konsequenzen schauen. Über den Tellerrand blicken sollte man auch bei der Rötelnembryopathie, denn sie bedeutet mehr als die Lehrbuch-Trias aus Herzfehler, Taubheit und Katarakt. Die Störung der Zellproliferation an ganz verschiedenen Stellen und der Organdifferenzierung betrifft nicht nur die frühe, sondern die gesamte intrauterine Entwicklung. So resultieren komplexe umfassende Organschäden. Bei Kindern, die an einer durch Zecken übertragenen Enzephalitis erkrankt waren, besteht ein hohes Risiko für jahrelang persistierende Symptome wie Kopfschmerzen, Geräuschempfindlichkeit, Schlafstörungen, psychiatrische und kognitive Probleme, motorische Störungen, Krampfanfälle und Sehprobleme. Ähnliches gilt für die tuberkulöse Meningitis.Quelle: 15. Kongress für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin (Online-Veranstaltung)