Chemo getrost weglassen CPI reichen wohl für Ältere mit NSCLC aus

Autor: Elisa Sophia Breuer

Ältere Erkrankte, insbesondere solche mit Komorbiditäten, sind in Studien noch immer unterrepräsentiert. Ältere Erkrankte, insbesondere solche mit Komorbiditäten, sind in Studien noch immer unterrepräsentiert. © SENRYU - stock.adobe.com

Der Standard für NSCLC ohne Treibermutationen ist eine Immunchemotherapie. Doch ist diese wirklich auch für Menschen ab 75 Jahren sinnvoll? Eine japanische Kohortenstudie mit mehr als 1.200 Erkrankten soll Aufschluss geben. 

Bekanntermaßen fallen Ältere, insbesondere solche mit Komorbiditäten, meist aus Studienprotokollen raus, sodass die erhobenen Daten für sie nicht aussagekräftig sind. So auch bei der Frage, ob sich für über 75-Jährige mit NSCLC ohne Treibermutationen der Standard einer Immunchemotherapie eignet. Umso wichtiger ist es, diese Wissenslücken mit Erhebungen aus der klinischen Praxis zu schließen. Dem hat sich eine Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Yoko­ Tsukita­ von der Tohoku Universität in Sendai gewidmet.1 

1.245 Japaner:innen zwischen 75 und 95 Jahren nahmen an der multizentrischen Kohortenstudie teil, die Mehrheit war männlich (78 %). Die NSCLC-Stadien reichten von IIIB bis IV, die PD-L1-Expression belief sich auf weniger als 1 % bei 22 % der Tumoren, 1–49 % bei 31 % und ab 50 % bei 33 %. Für die restlichen Karzinome konnte der Status nicht erhoben werden. 354 Patient:innen erhielten eine Immunchemotherapie, 425 alleinige CPI, 311 eine Platin-Doublette und 155 eine Mono-Chemotherapie.

Die Ergebnisse nach einem Follow-up von median 19,2 Monaten fielen eindeutig aus: So gab es keinen signifikanten Unterschied im medianen OS zwischen Immun- und Immunchemotherapie (19,8 Monate vs. 20,0 Monate). Dies galt auch in allen PD-L1-positiven Subgruppen (TPS 1–49 %; 50 % und mehr). Nach der Histologie aufgesplittet betrug das mediane Überleben für Adenokarzinome 26,2 Monate vs. 20,4 Monate (HR 1,03) und für Plattenepithelkarzinome 13,8 Monate vs. 18,3 Monate (HR 0,79). Die Chemotherapien konnten mit diesen Ergebnissen nicht mithalten (12,8 Monate für die Doublette und 9,5 Monate bei Monotherapie). 

Wenig überraschend traten unter Immunchemotherapie mehr immunvermittelte Toxizitäten auf als unter alleiniger Checkpoint-Inhibition mit 24,3 % im Vergleich zu 17,9 % für höhergradige Ereignisse (p = 0,03). In der ersten Gruppe benötigten mehr Senior:innen Kortikosteroide aufgrund der Nebenwirkungen (32,5 % vs. 24,7 %). Zudem traten häufiger Pneumonien auf (23,4 % vs. 15,6 %), womit die Raten höher als die in klinischen Studien ausfielen. Ähnlich viele Erkrankte brachen in den vier Studienarmen die Behandlung aufgrund von Nebenwirkungen ab (19,0–26,2 %). Therapiebedingte Todesfälle traten bei 2,5 % unter Immunchemotherapie und 1,9 % unter alleiniger Immuntherapie auf. Die Forschenden geben jedoch zu bedenken, dass die Behandelnden ohne eine zentrale Prüfungsstelle die Ereignisse selbstständig einstuften. Sie kommen zu dem Schluss, dass für ältere ­NSCLC-Patient:innen mit einem TPS von mindestens 1 % in diesen Stadien eine alleinige Immuntherapie ausreichen dürfte. 

Dr. Elad Sharon, Dana-Farber Cancer Institute, Boston, betont in seinem Editorial wiederum, dass solch praxisverändernde Ergebnisse durch randomisierte Studien bestätigt werden sollten.2 Der Kollege verweist auf die laufende Studie EA5163/S1709 INSIGNA­, auch wenn an dieser vermutlich weniger Ältere und solche mit Komorbiditäten teilnehmen.

Quellen:
1.    Tsukita Y et al. JAMA Onc 2024; e236277; DOI: 10.1001/jamaoncol.2023.6277­
2.    Sharon E. JAMA Onc 2024; ­DOI: 10.1001/jamaoncol.2023.5855­