Infarkt ohne Stenose Der Typ-2-Myokardinfarkt ist oft durch Begleiterkrankungen verursacht

Autor: Dr. Andrea Wülker

Menschen mit Bluthochdruck, Diabetes oder Herzinsuffizienz haben ein höheres Risiko für einen Typ-2-Infarkt. Menschen mit Bluthochdruck, Diabetes oder Herzinsuffizienz haben ein höheres Risiko für einen Typ-2-Infarkt. © Елена Бутусова - stock.adobe.com

Typ-2-Infarkte können im Zuge akuter systemischer Erkrankungen entstehen oder durch akute kardiologische Pathologien abseits von Atherothrombosen.

Häufigste Auslöser sind Tachyarrhythmien – primär als kardiale Rhythmusstörung oder sekundär als Folge einer anderen akuten Erkrankung. Zu den weiteren Ursachen eines Typ-2-Infarkts zählen akute systemische Erkrankungen wie Anämie, Hypoxie und Hypo- oder Hypertonie, schreibt ein Team um Dr. Andrew Chapman von der University of Edinburgh. 

Bei vielen Betroffenen liegen mehrere Ätiologien vor

Auch physiologische Stressoren im Zuge schwerer Erkrankungen, z. B. einer Sepsis, Blutung oder Lungenembolie, begünstigen diese Art von Infarkten. Seltener beruhen sie auf koronaren Veränderungen (Embolie, Vasospasmus, Dissektion), was mit einer ST-Hebung einhergehen kann. Zu beachten ist, dass bei vielen Patientinnen und Patienten mehrere Ätiologien gleichzeitig vorliegen, was mit einer schlechteren Prognose einhergeht. 

Der Typ-2-Infarkt tritt häufiger bei älteren Frauen auf. Auch Menschen mit Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck, Hyperlipidämie, Diabetes oder Herzinsuffizienz sind stärker gefährdet. Die Angaben zur Prävalenz schwanken stark: Bei Personen, die wegen eines vermuteten akuten Koronarsyndroms in schottischen Notaufnahmen behandelt wurden, lag sie bei 12,3 %. Dagegen variiert sie bei stationär behandelten Patientinnen und Patienten zwischen 2 % und 37 %. Wichtig: Ab einem Alter von 75 Jahren kommt der Typ-2-Infarkt gleich häufig vor wie der Typ-1-Infarkt.

Der klinische Verlauf ist oft ungünstig: Nach fünf Jahren lebt nur noch ein Drittel der Betroffenen. Es heißt zwar oft, dass die erhöhte Gesamtmortalität dieser Patientengruppe auf das fortgeschrittene Alter und Begleiterkrankungen statt auf kardiovaskuläre Probleme zurückzuführen sei. Doch weisen neuere Studien dem Autorenteam zufolge darauf hin, dass das kardiovaskuläre Risiko nach Typ-2-Infarkt mindestens so hoch ist wie nach einem Typ-1-Infarkt. 

Für die Prognose ist es wichtig herauszufinden, was die Ursache für das Mismatch zwischen dem kardialen Sauerstoffbedarf und -angebot ist: Beruht es auf einer Tachyarrhythmie, haben die Patientinnen und Patienten eine günstigere Prognose als bei einem klassischen Gefäßverschluss als Ursache. Deutlich schlechter sieht es für Personen aus, deren Typ-2-Infarkt im Zusammenhang mit einer Hypoxie, Anämie oder Hypotonie auftritt.

Falls keine kardiovaskuläre Erkrankung vorliegt und ein eindeutiger Trigger erkennbar ist, reicht es häufig, den Auslöser für die Sauerstoffminderversorgung zu behandeln. So lässt sich das Risiko für rezidivierende myokardiale Ischämien senken. Das kann z. B. bedeuten, Medikamente vorübergehend abzusetzen, die das Missverhältnis zwischen Sauerstoffangebot und -bedarf erhöhen könnten (wie etwa Antihypertensiva). 

Flüssigkeit infundieren, Sauerstoff geben

Außerdem sollte man versuchen, wieder normale physiologische Verhältnisse herzustellen. Mögliche Maßnahmen dafür sind Flüssigkeit infundieren, Sauerstoff geben oder Blut transfundieren. Darüber hinaus empfiehlt die Autorengruppe, bei Patientinnen und Patienten mit einem (vermuteten) Typ-2-Infarkt die folgenden Grundprinzipien einzuhalten:

  • Differenzialdiagnostisch immer auch an einen Typ-1-Infarkt denken.
  • Bei diagnostischer Unsicherheit stationäre invasive Koronarangiografie und intravaskuläre Bildgebung erwägen, um eine mögliche Plaqueruptur oder Thrombose zu identifizieren.
  • Bei Hinweisen auf eine regionale Ischämie liegt der Verdacht auf eine zugrunde liegende obstruktive Koronarerkrankung nahe.
  • Nach Behebung eines akuten Stressors eine mögliche KHK-Abklärung in Betracht ziehen, z. B. mittels CT-Koronarangiografie.
  • Eine Risikostratifizierung bezüglich einer zugrunde liegenden linksventrikulären Störung mittels BNP und Echokardiografie ins Auge fassen.
  • Nach der Risikostratifizierung eventuell eine Sekundärprävention mit ASS und einem Statin einleiten.

Quelle: Chapman AR et al. Eur Heart J 2024; DOI: 10.1093/eurheartj/ehae803