Betablocker werden nach Myokardinfarkt oft unterdosiert

Autor: Dr. Elke Ruchalla

Bei 12 % wurde die Arznei aus unbekannten Gründen sogar ganz abgesetzt. Bei 12 % wurde die Arznei aus unbekannten Gründen sogar ganz abgesetzt. © taniasv – stock.adobe.com

In der Klinik mag das mit den Betablockern nach STEMI noch klappen, in freier Wildbahn gehen die Leitlinienempfehlungen leider oft unter. Das zeigte eine Studie aus der Schweiz.

Derzeit wird in internationalen Leitlinien nach einem ST-Hebungsinfarkt (STEMI) ein Beta­blocker zur sekundären­ Prävention empfohlen. Solange der Patient ihn toleriert, soll er bis zur Zieldosis auftitriert werden.

Am meisten profitieren Patienten mit geringer LVEF

Wie die Umsetzung in der Praxis klappt, untersuchten Christel Bruggmann von der Universitätsklinik Lausanne und ihre Kollegen. In ihre Studie nahmen sie 266 Patienten nach STEMI auf. Insgesamt erhielten 90,8 % mit guter Pumpfunktion (linksventrikuläre Ejektionsfraktion, LVEF, ≥ 40 %) bei Entlassung einen Betablocker, vor allem Metoprolol. Etwas höher lag mit 93,9 % dieser Anteil bei Kranken mit stark verringerter Leistungsfähigkeit des linken Ventrikels (LVEF < 40 %). Sie zählen zur Hochrisikogruppe, für die der Nutzen der Betablockade besonders gut nachgewiesen ist.

Allerdings verschrieben die behandelnden Ärzte in beiden Gruppen meist nur eine niedrige Dosis, ­d.h. weniger als die Hälfte der von der US-amerikanischen Fachgesellschaft genannten Zieldosis.

Nach einem Jahr befragten die Wissenschaftler ihre Patienten telefonisch, welche Medikamente in welcher Menge sie zu diesem Zeitpunkt einnahmen. Dabei interessierten sie sich besonders dafür, ob der weiterbehandelnde Arzt den Betablocker wie empfohlen allmählich auftitriert hatte. Die Antworten sorgten für Ernüchterung: Bei 12 % waren die Medikamente aus unbekannten Gründen ganz abgesetzt worden. Eine Dosissteigerung erfolgte bei weniger als 5 % der Kranken mit geringer Entlassungsdosis, und das galt auch für die Hoch­risikogruppe mit niedriger Ejektionsfraktion. Von ihnen befanden sich gerade mal 10 % im Zielbereich.

Da ist also noch viel Luft nach oben, um die Verschreibungspraxis zu verbessern, resümieren die Autoren, vor allem bei Betroffenen mit stärker geschädigter Pumpfunktion. Über die Gründe für die ausbleibende Hochdosierung lässt sich nur spekulieren. Vielleicht würden schon ausführlichere Entlassungsbriefe aus der Klinik helfen. Darin könnte man die Bedeutung des Betablockers­ erläutern und erklären, wie man die Dosis langsam hochschraubt.

Betroffenen am besten einen Medikationsplan mitgeben

Auch mit Erinnerungen zum Beispiel per E-Mail oder Angeboten für ein Feedback ließe sich die Compliance der Ärzte vermutlich bessern. Leider kostet die Einführung solcher Strategien in die Routine Zeit und vor allem Geld. Als Übergangslösung scheint es sinnvoll, wenn Kliniker ihren Patienten einfach einen Medikationsplan mitgeben, der die steigenden Dosen für die nächsten Wochen aufführt.

Quelle: Bruggmann C. Swiss Med Wkly 2020; 150: w20321; DOI: 10.4414/smw.2020.20321