Herz-Kreislauf-Risiko Der Wert der kardiovaskulären Gesundheit
Zu den Eckpfeilern der kardiovaskulären Evaluation zählen die genaue Blutdruckmessung und die Beurteilung der strukturellen und funktionellen Eigenschaften des arteriellen Systems, schreibt eine Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Roland Asmar, Foundation-Medical Research Institutes, Paris. In einem Positionspapier hat das internationale Expertenteam die wichtigsten Fakten zu den verschiedenen Messmethoden zusammengetragen.
Die Blutdruckmessung in der Praxis ist die am häufigsten angewandte Methode, um eine Hypertonie zu erkennen, zu behandeln und Patientinnen und Patienten zu überwachen. Sie lässt sich leicht durchführen, kostet wenig und ist überall verfügbar. Es handelt sich um das am besten untersuchte Verfahren mit starker prognostischer Aussagekraft.
Allerdings neigen manche zur „Weißkittelhypertonie“, wenn ihr Blutdruck in der Arztpraxis gemessen wird. Außerdem ist das Ergebnis lediglich eine Momentaufnahme, die nicht unbedingt den Blutdruck im Alltag widerspiegelt. Hinzu kommt, dass die Genauigkeit mancher Geräte fragwürdig ist. Falls möglich, sollten Diagnose- und Therapieentscheidungen erst getroffen werden, wenn der Blutdruck mehrfach in der Praxis gemessen wurde oder wenn ambulante 24-Stunden- oder Selbstmessungen der Betroffenen das Ergebnis bestätigen, betonen die Kolleginnen und Kollegen.
Telemonitoring mit selbst erfassten Werten möglich
Die Selbstmessung und das ambulante 24-Stunden-Monitoring haben mehrere Vorteile. Beide finden meist in der gewohnten Umgebung des Betroffenen statt. Die Selbstkontrolle lässt sich beliebig oft wiederholen und kann auch im Rahmen eines Telemonitorings eingesetzt werden. Die 24-Stunden-Blutdruckmessung liefert Daten aus dem Patientenalltag und auch nächtliche Werte. Mit beiden Verfahren lassen sich eine Hypertoniediagnose bestätigen und eine Weißkittelhypertonie ausschließen.
Die 24-Stunden-Blutdruckmessung dient zudem dazu, eine therapieresistente Hypertonie und eine erhöhte Blutdruckvariabilität nachzuweisen sowie nächtlichen Hochdruck und Nondipping zu erkennen. Doch auch diese beiden einfachen Methoden haben ihre Tücken – manche Menschen checken ihren Blutdruck sehr häufig, werden dann u. U. ängstlich und ändern ihre antihypertensive Therapie ohne Rücksprache mit der Ärztin oder dem Arzt. Ein 24-Stunden-Monitoring kann den Schlaf stören und ist zudem relativ kostenintensiv.
Der zentrale (aortale) Blutdruck (CBP) kann mit unterschiedlichen Techniken ermittelt werden. Er ist unabhängig vom peripheren Druck mit Organschäden assoziiert. Das Expertenteam weist allerdings darauf hin, dass einige diagnostische und prognostische Daten inkonsistent sind. Außerdem fehlen klare Cut-off-Werte zur Unterscheidung zwischen normalen und hohen CBP-Werten für größere Bevölkerungsgruppen. Daher könne der breite Einsatz der CBP-Messung zum klinischen Management der arteriellen Hypertonie nicht empfohlen werden.
Der Knöchel-Arm-Index (ABI) lässt sich rasch, einfach, kostengünstig und nicht-invasiv erfassen. Er dient zur Diagnostik und Verlaufsbeobachtung einer PAVK sowie zur Abschätzung der vorliegenden Atherosklerose und des kardiovaskulären Risikos. Aufgrund der arteriellen Hämodynamik muss der ABI bei Gefäßgesunden größer als 1 sein. Ein ABI ≤ 0,90 gilt als Hinweis auf eine PAVK, ein Wert von > 1,4 spricht für eine erhöhte arterielle Gefäßsteifigkeit.
Die Pulswellengeschwindigkeit (PWV) gibt die Geschwindigkeit wieder, mit der sich die durch Kontraktion des linken Ventrikels erzeugte Druckwelle in einem arteriellen Segment ausbreitet. Die Carotis-Femoralis-PWV gilt – zumindest in westlichen europäischen Ländern – als Goldstandard zur Beurteilung der arteriellen Gefäßsteifigkeit. Die Methode hat einen hohen prognostischen Wert. Es wird aber viel Übung benötigt, um sie anzuwenden, und die meisten Techniken sind untersucherabhängig.
Forschungsbedarf bei Intima-media-Veränderungen
Die Intima-media-Dicke (IMT) gilt als Atherosklerosemarker, wobei die IMT in der Karotis das kardiovaskuläre Risiko vorhersagt (eine Karotis-IMT > 0,9 mm ist auffällig). Durch entsprechende Interventionen kann die Progression der Verdickung reduziert werden. Das Verfahren ist kostenintensiv und erfordert ein spezielles Training. Hinzu kommt, dass weitere Daten zum prognostischen Wert von IMT-Veränderungen benötigt werden.
Quelle: Asmar R et al. J Hypertension 2024: 42: 1-17; DOI: 10.1097/HJH.0000000000003787