Ansteckender Sex Deutschland weiß zu wenig über Geschlechtskrankheiten
Die Deutschen sind schlecht informiert – zumindest was das Thema sexuell übertragbare Infektionen (STI) angeht. Das geht aus einer bundesweiten Befragung hervor, die das Institut für Sexualforschung, Sexualmedizin und Forensische Psychiatrie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf initiiert hatte. Weltweit infizieren sich pro Tag schätzungsweise eine Million Menschen mit Geschlechtskrankheiten, berichten Dr. Silja Matthiesen vom UKE und Kollegen.
Angesichts der erheblichen Gefahren für die Gesundheit des Einzelnen und der Bevölkerung untersuchten sie im Rahmen der von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) geförderten GeSiD-Studie (Gesundheit und Sexualität in Deutschland), wie es um das Wissen hierzulande steht. Die Forscher befragten 4955 per Zufallsstichprobe ausgewählte Erwachsene im Alter zwischen 18 und 75 Jahren zu neun besonders weit verbreiteten STI: u.a. HIV/AIDS, Syphilis, Gonorrhö, Filzläuse, Chlamydien, Kondylome und Trichomoniasis.
HIV/AIDS war der Mehrheit der Befragten aller Altersgruppen bekannt (71 %). Dies werten die Experten als Erfolg der Ende der 1980er-Jahre gestarteten Kampagne „Gib AIDS keine Chance“ sowie der Folgekampagne „LIEBESLEBEN“. Über andere, z.T. sehr viel häufiger als HIV vorkommende STI wussten die Erwachsenen dagegen wesentlich seltener Bescheid: über Gonorrhö und Syphilis zumindest noch jeder Dritte (39 % bzw. knapp 32 %). Chlamydien, Hepatitis B und genitaler Herpes kamen nur auf jeweils etwa 10–12 %. Genitalwarzen, Filzläuse oder Trichomoniasis waren jeweils nur 4 %, 3 % und 0,4 % der Befragten ein Begriff.
Besonders unwissend zeigten sich Ältere sowie Personen mit niedrigem Bildungsstand, regionaler sozialer Benachteiligung bzw. Migrationshintergrund. Dies stand teilweise im Widerspruch mit der subjektiven Einschätzung der Befragten, die sich mit zunehmendem Alter besser informiert fühlten. Jedoch sind Ältere oft auch weniger sexuell aktiv, weswegen dies nicht zwingend große Auswirkungen hat, schätzen die Autoren die Situation ein. Eher von Bedeutung sei, dass Menschen mit wechselnden Sexualpartnern, Personen, die sich nicht als heterosexuell definierten, sowie Befragte mit vorangegangenen STI einen deutlich besseren Wissensstand hatten.
Dringender Handlungsbedarf wegen steigender Inzidenz
Wer zu wenig über STI und die Risiken weiß, nimmt Präventionsangebote und Behandlungen seltener in Anspruch, warnen die Experten. Angesichts der steigenden Inzidenz einiger STI sehen sie dringenden Handlungsbedarf. Um das öffentliche Bewusstsein für diese Erkrankungen zu sensibilisieren, bedürfe es neben koordinierten öffentlichkeitswirksamen Kampagnen intensive Aufklärungsmaßnahmen durch Lehrer, Sexualpädagogen, die Ärzteschaft sowie Anbieter von Gesundheitsinformationen.
Quelle: Matthiesen S et al. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz 2021;
DOI: 10.1007/s00103-021-03319-8