
Mini-GVSG: Gefahr für DSP gebannt? Diabetesorganisationen wehren sich weiter gegen politischen Schnellschuss

Zum Jahreswechsel 2024/2025 konnten die niedergelassenen Diabetolog*innen noch auf ihren Durchbruch anstoßen: Die umstrittenen Passagen im Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) zur Chroniker- und Vorsorgepauschale waren vom Tisch. Dann aber hatte die Rumpfkoalition aus SPD und Grünen gemeinsam mit der FDP überraschend angekündigt, Teile des GVSG per Eilverfahren doch noch in dieser Legislaturperiode verabschieden zu wollen.
Wer bekommt die Versorgungspauschale?
Während sich die Hausärzt*innen über die eingebrachte Entbudgetierung sowie Versorgungs- und Vorhaltepauschale freuten, fühlten sich die Diabetologischen Schwerpunktpraxen (DSP) erneut aufs Glatteis geführt. Denn für die mitversorgenden spezialisierten Praxen waren diese Neuregelungen problematisch: Menschen mit Diabetes, die in einer DSP betreut werden, sind meist auch in hausärztlicher Behandlung. Die Hausarztpraxis sollte dann also die Versorgungspauschale einmalig abrechnen, die Schwerpunktpraxis wäre leer ausgegangen. Eine entsprechende Ausnahmeregelung hätte hingegen dafür gesorgt, dass nicht nur eine einzige Praxis diese Pauschale abrechnen darf. Gleiches galt für die Vorhaltepauschale.
So weit war man eigentlich schon. Denn sowohl das BMG als auch die zuständigen Politiker*innen hätten anlässlich der Petition und der öffentlichen Anhörung zugesichert, „dass die Bedürfnisse von chronisch Erkrankten und uns Ärztinnen und Ärzten, die diese versorgen, gehört und bei der Gesetzgebung berücksichtigt werden“, ärgerte sich der BVND-Vorsitzende Toralf Schwarz. Es gehe um die Existenz der DSP und um mehr als neun Millionen Menschen mit Diabetes.
DSP müssen Existenzfrage nicht mehr stellen
Die Abstimmung im Bundestag erfolgte in den Nachtstunden, Ende Januar wurde der neue GVSG-Entwurf damit verabschiedet. Aufatmen in der Diabetologie: „Es ist nicht so schlimm gekommen, wie es schien, nämlich dass Diabetespatient*innen mit hohem Betreuungsbedarf in den Schwerpunktpraxen untergehen“, so Dr. Tobias Wiesner, niedergelassener Diabetologe aus Leipzig, der sowohl im Vorstand der DDG als auch des BVND Mitglied ist. Die Betreuung dieser Patient*innen sei gesichert. Für sie werde man die bekannten Quartalspauschalen abrechnen können. Die genaue Ausgestaltung zum Mini-GVSG übernimmt allerdings der Bewertungsausschuss. „Daher bleibt ein Unsicherheitsfaktor bestehen“, so Dr. Wiesner.
„Nicht morbide Kranke“ – Wer ist das?
Denn es stellt sich weiter die Frage: Was sind Erkrankungen, die keinen Betreuungsbedarf haben? „Die Aufgabe ist also nicht zu definieren: Wer ist morbide krank, sondern: Wer ist nicht morbide krank und fällt deshalb in die Versorgungspauschale?“, erklärt Dr. Wiesner.
Im Gesetzentwurf gebe es noch zwei weitere Unterpunkte. Zum einen die Versorgung über die (Halb-)Jahrespauschale eines kleinen Teils der chronisch Kranken, der sogenannten „Mono-Chroniker“. Das sind Menschen, die an einer chronischen Erkrankung leiden, nur ein Medikament einnehmen und bei denen kein intensiver Betreuungsbedarf besteht. Berechnungen gehen hier von etwa 1,5 Millionen Patient*innen aus, das sind je Arztpraxis ungefähr 10 bis 15 pro Quartal. Zum anderen bleibt unklar, in welche Gruppe diese Betroffenen fallen, wenn sich aufgrund der Nichtbetreuung eine Verschlechterung ihres Allgemeinzustands bzw. der Patient Related Outcomes einstellt.
„Es fehlt noch einiges an Ausgestaltung. DDG als auch BVND müssen daher im Gespräch bleiben, auch mit allen anderen Fachgruppen, vor allem mit dem Hausärztinnen- und Hausärzteverband“, betont Dr. Wiesner.