Ärzte kümmern sich zu wenig um Diabetikerfüße
Eine „aufgeplatzte Blase“ mit zunehmender Rötung führte den 68-jährigen Mann in die Klinik. Die Blase entpuppte sich als 4 x 4 cm großes plantares Ulkus, die Rötung als Erysipel und der Patient als bislang unentdeckter Diabetiker, berichtete Amir Alihodzic von der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie an den Main-Kinzig-Kliniken in Gelnhausen.
Trotz lokaler Wundbehandlung, Antibiose mit Clindamycin und BZ-Einstellung entwickelten sich multiple Abszesse im Bereich von Vor- und Mittelfuß, die mehrfach inzidiert wurden. Dennoch dehnte sich die Abszedierung langstreckig bis auf den Unterschenkel aus, in den Fußknochen zeigte sich eine Osteomyelitis. Alle weiteren Sanierungsversuche sowie eine Vacuum Assisted-Closure-Therapie blieben ebenfalls erfolglos, schließlich wurde die Vorfußamputation unumgänglich. Nach zwischenzeitlicher Entlassung bildete sich noch am Metatarsale V eine Nekrose und machte die Nachresektion dieses Strahles erforderlich.
Vielen Zuckerkranken ist das Risiko gar nicht bewusst
Nun heilten die Wunden ab, aber vom betreuenden Pflegedienst und dem Patienten unbemerkt kam es im weiteren Verlauf zu einer Fehlstellung im Bereich des oberen Sprunggelenkes, die letztlich in die Arthrodese mündete.
In diesem Fall kann man dem 68-Jährigen selbst gar nicht so viele Vorwürfe machen, da er von seiner Zuckerkrankheit vorher nichts wusste, sagte der Kollege. Generell aber sei das Risikobewusstsein von Diabetikern für ihre Füße sehr gering. 38 % der Betroffenen haben keine Ahnung, dass sie auf sie achten müssen, ein gleich hoher Anteil pflegt sie nur unregelmäßig. Doch nicht die Patienten muss man rügen: Viele Ärzte halten Kontrollintervalle nicht ein, nur jeder Vierte wirft bei jeder Vorstellung einen Blick auf die diabetischen Füße, 57 % palpieren nicht jedes Mal die Pulse. Es gilt also, das Bewusstsein der Behandler zu verschärfen und den Patienten mehr in den Mittelpunkt zu rücken, betonte der Chirurg. Dann darf man auch vonseiten der Betroffenen auf mehr Compliance hoffen.
Quelle: 2. Nürnberger Wundkongress