Diagnose einer Hypertonie bei jungen Athleten
Der Medizin-Check junger Athleten fördert nicht selten eine Hypertonie zutage. Wie häufig genau, schwankt je nach Sportart, Gewichtheber beispielsweise scheinen besonders gefährdet. Vorläufige Daten von mehr als 2000 Leistungssportlern im mittleren Alter von 24 Jahren beziffern die Prävalenz auf durchschnittlich 3 %, schreiben Dr. Stefano Caselli, HerzGefässZentrum Zürich, und Professor Dr. Dr. Josef Niebauer, Uniklinikum Salzburg.
Explizit nach Supplementen und Energydrinks fragen
Die grundsätzliche Diagnostik folgt den gängigen Empfehlungen (Messen nach Ruhepause im Sitzen, mindestens zwei Messungen, gegebenenfalls 24-Stunden-Monitoring etc.). Zum Basislabor gehören: Blutbild und Hb, Natrium und Kalium, Serumkreatinin, Blutfette, Harnsäure, Schilddrüsenhormone und Urinstatus.
Vor allem bei Athleten mit gelegentlich auffälligen Werten gilt es, eine sekundäre Hypertonie – beispielsweise durch Phäochromozytom oder Hyperthyreose – auszuschließen. Explizit erfragt werden sollte der Gebrauch von Supplementen, Energydrinks und Medikamenten (u.a. NSAR). Diese Faktoren würden als sekundäre Ursachen möglicherweise unterschätzt, so die Autoren.
Belastungstests liefern ergänzende Infos über die Blutdruckadaptation. Die prognostische Relevanz eines deutlichen RR-Anstiegs unter Anstrengung bleibt allerdings unklar. Während eine frühere Metaanalyse die belastungsinduzierte Hypertonie mit zukünftigen kardiovaskulären (CV) Ereignissen in Verbindung brachte, fand eine jüngere Untersuchung keinen Zusammenhang. Nichtsdestotrotz raten die Kollegen Sportlern mit isolierter ausgeprägter Blutdruckantwort zu regelmäßigen Follow-up-Untersuchung im Hinblick auf CV-Risikofaktoren.
Restriktionen bei sehr gefährdeten Athleten
Es sei möglich, dass der deutliche Anstieg bereits auf eine vaskuläre Dysfunktion hinweist. Letztlich bestimmen RR-Kontrolle, Sportart und kardiovaskuläres Profil, ob die gewählte Disziplin ausgeübt werden darf. Die individuelle Risikostratifizierung erfolgt gemäß der aktuellen ESC*-Leitlinie zur arteriellen Hypertonie. Je nach Komorbiditäten und Begleitumständen (Rauchen etc.) fällt der Patient in die Kategorie niedrig, moderat, hoch oder sehr hoch. Die Echokardiographie kann bei der Einschätzung zusätzlich helfen (s. Kasten). Gut eingestellt spricht nichts dagegen, dem Leistungssport weiter nachzugehen – sogar, wenn das kardiovaskuläre Risikoprofil hoch ist. Lediglich bei sehr gefährdeten Athleten werden Restriktionen nötig, schreiben die Experten. Therapeutisch gibt es aber einiges zu beachten. Denn falls neben Lebensstilinterventionen auch Antihypertensiva zum Einsatz kommen, sollte man auf die von der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) verbotenen Substanzen verzichten.
Typischer Echobefund
- Masse (Männer: > 110 g/m2, Frauen: > 95 g/m2) und
- relative Wanddicke (> 0,42).
Meist genügt ein ACE-Hemmer oder ein AT1-Blocker
Diuretika beispielweise sind immer tabu, Betablocker nur in einigen Disziplinen (z.B. Bogenschießen). In der Regel genügt ein ACE-Hemmer oder ein AT1-Antagonist, um den Blutdruck in den Griff zu bekommen, so die Erfahrung der Autoren. Schließlich bestehe bei jungen Sportlern meist nur eine milde Hypertonie mit geringem CV-Risiko. Bedarf es dann doch einer (Kombi-)Therapie mit einem laut WADA kritischen Wirkstoff, sollte eine medizinische Ausnahmegenehmigung an offizieller Stelle vorgelegt werden. Eine Reevaluation von Athleten mit Bluthochdruck empfiehlt sich einmal jährlich, bei hohem oder sehr hohem kardiovaskulären Risiko alle sechs Monate.* European Society of Cardiology
Quelle: Caselli S, Niebauer J. The ESC Textbook of Sports Cardiology 2019; DOI: 10.1093/med/9780198779742.003.0049