Die bittere Wahrheit über alternative Süßungsmittel
Seit den 1950er-Jahren ist in Deutschland der Pro-Kopf-Verbrauch von Rübenzucker um 21 % angestiegen – auf durchschnittlich 34 kg pro Jahr. Ein übermäßiger Konsum süßer Lebensmittel erhöht aber das Risiko für Übergewicht sowie ernährungsbedingte Krankheiten und stellt ein ernstes gesellschaftliches Problem dar. Die WHO empfiehlt deshalb eine maximale Zuckeraufnahme von weniger als 10 % der Gesamtenergiemenge.
Zwar ist der weiße Haushaltszucker hierzulande nach wie vor das beliebteste süßende Lebensmittel. Doch seit einigen Jahren nimmt im Zuge des sogenannten Clean-Eating-Trends, bei dem auf den weißen Zucker verzichtet werden soll, das Angebot an „gesunden“ Alternativen stetig zu. Die im Gegensatz zum Industriezucker meist teureren Produkte locken mit „milder Süße aus Agavendicksaft“, „natürlicher Süße aus Honig“ und suggerieren dem Verbraucher einen gesundheitlichen Vorteil.
Honig
Der Bedarf an Honig wird in Deutschland nur zu 20 % durch eigene Produktion gedeckt. Der Rest wird aus Argentinien, Mexiko oder China importiert. Die Qualität variiert je nach Herkunft, Gewinnung, Angebotsform und Verwendungszweck. Geregelt wird das durch die Honigverordnung. Honig hat aufgrund der Enzyme Glukoseoxidase und Methylglyoxal – berühmt dafür ist der Manukahonig aus Neuseeland – eine antibakterielle Wirkung. Da Honig Bakterien wie Clostridium botulinum enthalten kann, eignet er sich nicht für die Ernährung von Säuglingen und Kleinkindern unter einem Jahr.
Ahornsirup
Ahornsirup wird überwiegend in Kanada und den USA aus dem Saft des Ahornbaums gewonnen. Die europäische Qualitätseinteilung beinhaltet fünf Stufen: AA, A, B, C und D, wobei AA die hellste und hochwertigste ist.
Agavensirup
Agavensirup wird vor allem in Mexiko aus Agavenherzen gewonnen und ist insbesondere wegen seines niedrigen glykämischen Index sehr beliebt. Er enthält hauptsächlich Fruktose, aber auch Glukose, Saccharose sowie Inulin.
Reissirup
Reissirup stammt ursprünglich aus der asiatischen Küche. Die im Reismehl enthaltene Stärke wird durch Zugabe von Enzymen zu Mono-, Di- und Oligosacchariden aufgespalten. Reissirup ist nahezu fruktosefrei und somit bei Fruktoseintoleranz geeignet. Er kann relevante Mengen an anorganischem Arsen enthalten, weshalb jedermann, besonders aber Säuglinge und Kleinkinder, einen übermäßigen Verzehr vermeiden sollte.
Kokosblütenzucker
Kokosblütenzucker wird in Südostasien aus dem Saft der Kokospalme gewonnen, der bis zur Kristallisation der enthaltenen Saccharose konzentriert wird. Anschließend wird das Kristall-Sirup-Gemisch mit karamellartigem Geschmack getrocknet.
Ganz gleich, aus welcher Pflanze er stammt: Kein Zucker ist nachweislich gesundheitsfördernder als der andere. Viel wichtiger ist – unabhängig von Art und Herkunft des Zuckers – ein moderater Konsum süßer und süßender Lebensmittel, schreibt Dr. Jana Maria Knies vom Institut für Ernährung, Konsum und Gesundheit der Universität Paderborn. Der Verbraucher sollte sich durch vermeintlich „gesündere“ oder „natürlichere“ süßende Zutaten nicht täuschen lassen.
Der Blick auf das Etikett verrät, wieviel Zucker tatsächlich in einem Lebensmittel enthalten ist – unabhängig davon, ob es mit Zucker, Honig oder Agavendicksaft gesüßt wurde. Die Angabe „ohne Zuckerzusatz“ auf der Verpackung bedeutet lediglich, dass dem Produkt keine Zucker zugesetzt wurden, aber nicht, dass keine darin enthalten sind.
Auch bieten Zuckeralternativen keinen Vorteil hinsichtlich der Entstehung von Karies, der Ernährung bei Diabetes mellitus oder der Aufnahme nennenswerter Mengen an Mineralstoffen, Vitaminen oder Antioxidantien. Personen mit Fruktosemalabsorption sollten auch mit Zuckeralternativen eher zurückhaltend sein. Für sie sind insbesondere Honig oder Agavendicksaft aufgrund des hohen Fruktosegehalts ungeeignet.
Ökonomisch und ökologisch schneidet Rübenzucker übrigens deutlich besser ab als die allermeisten anderen süßenden Lebensmittel. Deren „ökologischer Fußabdruck“ ist nämlich aufgrund langer Transportwege oft sehr groß und tief.
Quelle: Knies JM. Ernährungs Umschau 2019; 2: M88-M97