Nebenschilddrüsenüberfunktion Die operative Lösung parat haben

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Patienten mit Vierdrüsenhyperplasie können mit einer subtotalen Resektion behandelt werden, wobei ein kleiner glandulärer Rest verbleibt. Patienten mit Vierdrüsenhyperplasie können mit einer subtotalen Resektion behandelt werden, wobei ein kleiner glandulärer Rest verbleibt. © iStock/magicmine

Ein primärer Hyperparathyreoidismus kann operativ behoben werden. Die OP ist nicht nur für symptomatische Patienten indiziert, auch bei Beschwerdefreiheit bringt sie Vorteile.

Die Nebenschilddrüsenüberfunktion ist mit einer jährlichen Inzidenz von 20–30 pro 100.000 eine relativ häufige endokrine Erkrankung. Meist wird sie zufällig über erhöhte Kalziumwerte entdeckt. Die klassische Trias von Nephrolithiasis, Osteiitis fibrosa und peptischem Ulkus findet sich nur selten, schreiben Dr. Thomas­ Burgstaller­ und Kollegen von der DKD Helios Klinik Wiesbaden. Die meisten Patienten weisen unspezifische Symptome wie Knochenschmerzen, Depressivität und Müdigkeit auf. Die Diagnose lässt sich nur laborchemisch stellen. Dabei fällt eine Hyperkalzämie bei gleichzeitig erhöhtem Parathormon unter Ausschluss einer Hyperkalzurie auf. Häufig besteht zusätzlich eine Hypophosphatämie.

OP-Indikationen bei asym­ptomatischen Patienten

  • Alter < 50 Jahre
  • Serumkalzium > 0,2 mmol/l oberhalb der Norm
  • Kreatininclearance < 60 ml/min
  • Knochendichte T-Score < -2,5
  • Kalziumausscheidung > 400 mg/d im 24h-Urin

OP senkt langfristig das kardiovaskuläre Risiko

Einzige kurative Option beim primären Hyperparathyreoidismus (PHPT) ist die Resektion des pathologisch veränderten Nebenschilddrüsengewebes. Die OP ist auch bei asymptomatischen Patienten unter 50 Jahren bzw. mit Begleitbefunden wie Hyperkalzämie oder erniedrigter Knochendichte indiziert. Eine erfolgreiche Resektion senkt langfristig das erhöhte kardiovaskuläre Risiko. Deshalb wird geraten, alle Patienten einem Spezialisten für endokrine Chirurgie vorzustellen. Bei der Operationsplanung hilft eine Lokalisationsdia­gnostik der Nebenschilddrüsen. Sie erfolgt sonographisch – meist in Verbindung mit einer MIBI-Szintigraphie. Zusätzlich wird eine Schilddrüsenuntersuchung empfohlen.

Kriterien für ein solitäres Adenom

  • Serumkalzium ≥ 3 mmol/l
  • iPTH-Wert ≥ 2-fach oberhalb der Norm 
  • 1 vergrößerte Nebenschilddrüse im Ultraschall 
  • 1 vergrößerte Nebenschilddrüse in der MIBI-Szintigraphie 
  • konkordante Befunde in Sono- und Szintigraphie

Parathormonwerte intraoperativ kontrollieren

Rund 85 % der Patienten mit PHPT haben ein solitäres Adenom. Nach dessen operativer Entfernung gelten sie dauerhaft als geheilt. Minimal-invasive Operationstechniken verringern das Trauma, sorgen für eine raschere Erholung und reduzieren die post­operativen Beschwerden. Voraussetzung für ein solches Vorgehen ist neben der präoperativen Lokalisation die intraoperative Kontrolle der Parathormonwerte. Ob es sich um ein solitäres Adenom handelt, kann bereits vor dem Eingriff über einen Score ermittelt werden. Wenn mindestens drei der fünf Kriterien erfüllt sind, ist eine einseitige zervikale Exploration oder fokussierte Parathyreoidektomie auch ohne Hormonbestimmung möglich. Die beidseitige Exploration ist weiterhin indiziert bei negativer, nicht eindeutiger oder diskordanter Bildgebung. Gleiches gilt, wenn die Lokalisationsdiagnostik eine Erkrankung mehrerer Drüsen ergibt. Patienten mit Vierdrüsenhyperplasie können mit einer subtotalen Resektion behandelt werden, wobei ein kleiner glandulärer Rest verbleibt. Die ebenfalls mögliche totale Parathyreoidektomie birgt ein erhöhtes Risiko für eine permanente Unterfunktion bzw. den kompletten Verlust der Hormonproduktion. Zur Sicherheit bietet sich die Kryokonservierung von Drüsengewebe an, das im Bedarfsfall in den M. brachio­radialis replantiert wird. Bei einer Abtrennung der Glandulae parathyreoideae (Hals­exploration, Schilddrüsenoperation) werden diese zerkleinert und in eine Muskeltasche des gleichseitigen M. sternocleidomastoideus transplantiert.

Neue Therapieverfahren
Endoskopische Operation
Eingriffe sollen Narben am Hals vermeiden, sind jedoch keineswegs minimalinvasiv; derzeit nur im Rahmen von Studien
Hochfrequenz-Ultraschall-Ablation
Reduktion des Kalziumspiegels möglich, jedoch keine Heilung; hohes Risiko (inklusive Stimmbandlähmungen bei 23 % der Studienteilnehmer)
Alkoholablation
Option für Adenompatienten mit OP-Kontraindikation; langfristige Normalisierung des Kalziumspiegels nicht gesichert; Stimmbandlähmungen möglich

Die Entfernung der Nebenschilddrüsen ist zwar meistens kein komplexer Eingriff, setzt aber eine genaue Kenntnis von Anatomie und Lagevarianten voraus. Um die Komplikationsrate zu minimieren, sollte die OP durch einen erfahrenen Chirurgen ausgeführt werden, raten die Autoren. Dank thermischer Versiegelung kommt es nur noch selten zu Nachblutungen. Sie bleiben aber potenziell lebensbedrohlich und können auch nach mehr als 24 Stunden noch auftreten. Deshalb wird ein zweitägiger stationärer Aufenthalt empfohlen. Kontrollen zum Rezidivausschluss sind nach sechs Monaten und anschließend jährlich einzuplanen.

Quelle: Burgstaller T et al. Hessisches Ärzteblatt 2022; 83: 16-24 © Deutscher Ärzteverlag, Köln

Nebenschilddrüsenadenom in der PET-CT. Die Technik hat eine hohe Sensitivität und Spezifität und eignet sich v.a. zur Lokalisation eines Adenoms vor einem Rezidiveingriff. Nebenschilddrüsenadenom in der PET-CT. Die Technik hat eine hohe Sensitivität und Spezifität und eignet sich v.a. zur Lokalisation eines Adenoms vor einem Rezidiveingriff. © DKD Klinik Wiesbaden
Der Ultraschall ist die Standard­untersuchungsmethode zur Lokalisations­diagnostik. Gleichzeitig kann damit auch die Schilddrüse untersucht werden. Hier ist ein Nebenschilddrüsenadenom zu erkennen (sagittal). Der Ultraschall ist die Standard­untersuchungsmethode zur Lokalisations­diagnostik. Gleichzeitig kann damit auch die Schilddrüse untersucht werden. Hier ist ein Nebenschilddrüsenadenom zu erkennen (sagittal). © DKD Klinik Wiesbaden