Nebenschilddrüsenüberfunktion Die operative Lösung parat haben
Die Nebenschilddrüsenüberfunktion ist mit einer jährlichen Inzidenz von 20–30 pro 100.000 eine relativ häufige endokrine Erkrankung. Meist wird sie zufällig über erhöhte Kalziumwerte entdeckt. Die klassische Trias von Nephrolithiasis, Osteiitis fibrosa und peptischem Ulkus findet sich nur selten, schreiben Dr. Thomas Burgstaller und Kollegen von der DKD Helios Klinik Wiesbaden. Die meisten Patienten weisen unspezifische Symptome wie Knochenschmerzen, Depressivität und Müdigkeit auf. Die Diagnose lässt sich nur laborchemisch stellen. Dabei fällt eine Hyperkalzämie bei gleichzeitig erhöhtem Parathormon unter Ausschluss einer Hyperkalzurie auf. Häufig besteht zusätzlich eine Hypophosphatämie.
OP-Indikationen bei asymptomatischen Patienten
- Alter < 50 Jahre
- Serumkalzium > 0,2 mmol/l oberhalb der Norm
- Kreatininclearance < 60 ml/min
- Knochendichte T-Score < -2,5
- Kalziumausscheidung > 400 mg/d im 24h-Urin
OP senkt langfristig das kardiovaskuläre Risiko
Einzige kurative Option beim primären Hyperparathyreoidismus (PHPT) ist die Resektion des pathologisch veränderten Nebenschilddrüsengewebes. Die OP ist auch bei asymptomatischen Patienten unter 50 Jahren bzw. mit Begleitbefunden wie Hyperkalzämie oder erniedrigter Knochendichte indiziert. Eine erfolgreiche Resektion senkt langfristig das erhöhte kardiovaskuläre Risiko. Deshalb wird geraten, alle Patienten einem Spezialisten für endokrine Chirurgie vorzustellen. Bei der Operationsplanung hilft eine Lokalisationsdiagnostik der Nebenschilddrüsen. Sie erfolgt sonographisch – meist in Verbindung mit einer MIBI-Szintigraphie. Zusätzlich wird eine Schilddrüsenuntersuchung empfohlen.Kriterien für ein solitäres Adenom
- Serumkalzium ≥ 3 mmol/l
- iPTH-Wert ≥ 2-fach oberhalb der Norm
- 1 vergrößerte Nebenschilddrüse im Ultraschall
- 1 vergrößerte Nebenschilddrüse in der MIBI-Szintigraphie
- konkordante Befunde in Sono- und Szintigraphie
Parathormonwerte intraoperativ kontrollieren
Rund 85 % der Patienten mit PHPT haben ein solitäres Adenom. Nach dessen operativer Entfernung gelten sie dauerhaft als geheilt. Minimal-invasive Operationstechniken verringern das Trauma, sorgen für eine raschere Erholung und reduzieren die postoperativen Beschwerden. Voraussetzung für ein solches Vorgehen ist neben der präoperativen Lokalisation die intraoperative Kontrolle der Parathormonwerte. Ob es sich um ein solitäres Adenom handelt, kann bereits vor dem Eingriff über einen Score ermittelt werden. Wenn mindestens drei der fünf Kriterien erfüllt sind, ist eine einseitige zervikale Exploration oder fokussierte Parathyreoidektomie auch ohne Hormonbestimmung möglich. Die beidseitige Exploration ist weiterhin indiziert bei negativer, nicht eindeutiger oder diskordanter Bildgebung. Gleiches gilt, wenn die Lokalisationsdiagnostik eine Erkrankung mehrerer Drüsen ergibt. Patienten mit Vierdrüsenhyperplasie können mit einer subtotalen Resektion behandelt werden, wobei ein kleiner glandulärer Rest verbleibt. Die ebenfalls mögliche totale Parathyreoidektomie birgt ein erhöhtes Risiko für eine permanente Unterfunktion bzw. den kompletten Verlust der Hormonproduktion. Zur Sicherheit bietet sich die Kryokonservierung von Drüsengewebe an, das im Bedarfsfall in den M. brachioradialis replantiert wird. Bei einer Abtrennung der Glandulae parathyreoideae (Halsexploration, Schilddrüsenoperation) werden diese zerkleinert und in eine Muskeltasche des gleichseitigen M. sternocleidomastoideus transplantiert.Neue Therapieverfahren | |
---|---|
Endoskopische Operation | Eingriffe sollen Narben am Hals vermeiden, sind jedoch keineswegs minimalinvasiv; derzeit nur im Rahmen von Studien |
Hochfrequenz-Ultraschall-Ablation | Reduktion des Kalziumspiegels möglich, jedoch keine Heilung; hohes Risiko (inklusive Stimmbandlähmungen bei 23 % der Studienteilnehmer) |
Alkoholablation | Option für Adenompatienten mit OP-Kontraindikation; langfristige Normalisierung des Kalziumspiegels nicht gesichert; Stimmbandlähmungen möglich |
Quelle: Burgstaller T et al. Hessisches Ärzteblatt 2022; 83: 16-24 © Deutscher Ärzteverlag, Köln