Die wichtigsten Regeln für Diabetiker auf Reisen
Die häufigste medizinische Reisekomplikation ist bei Diabetikern die Hypoglykämie. Im Beratungsgespräch sollte man daher nach Schweregrad und Anzahl der im vergangenen Halbjahr aufgetretenen Unterzuckerungen fragen. Vielleicht lassen sich auch mögliche Auslöser eruieren und prohylaktische Maßnahmen ergreifen. Außerdem rät Dr. Andreas H. Leischker von der Klinik für Geriatrie am Alexianer Krankenhaus Krefeld, das Blutzuckerziel auf Reisen etwas höher anzusetzen und bei Bedarf die Hypoglykämie-Wahrnehmung nachzuschulen.
Die klinische Untersuchung konzentriert sich auf Folgeschäden wie Polyneuropathie, diabetischen Fuß, PAVK und Niereninsuffizienz. Zum Augenarzt muss der Patient, wenn die letzte Untersuchung länger als ein Jahr zurückliegt.
In den Tropen ist das ganze Jahr Grippesaison
Aufgrund der krankheitsbedingt geschwächten Immunität besteht ein deutlich höheres Infektionsrisiko. Umso wichtiger: ein guter Impfschutz, z.B. gegen die Influenza. Sie hat in den Tropen ganzjährig Saison und auf der Südhalbkugel von April bis Oktober. Auch auf Kreuzfahrten muss man mit Ausbrüchen rechnen. Die Immunisierung senkt auch das im Gefolge der Grippe bestehende Herzinfarktrisiko, das bei Diabetikern ohnehin deutlich höher liegt.
Die Pneumokokken-Impfung soll vor allem invasive Infektionen verhindern, die bei Zuckerkranken fünfmal häufiger auftreten als bei Gesunden. Infektionen drohen vor allem in Skandinavien und Großbritannien. Auch die Tuberkulosegefahr ist größer, vor allem bei lang dauernden Verwandtenbesuchen mit engen Kontakten in Endemiegebieten.
Viel Bedeutung für einen gesunden Urlaub hat das richtige Reisegepäck: Wegen des erhöhten Hypoglykämie-Risikos sollten Diabetiker öfter selbst messen und mindestens doppelt so viele Blutzucker-Teststreifen wie üblich einpacken. Vor allem Typ-1-Diabetiker brauchen auch Teststreifen zur Frühdiagnose einer Ketoazidose. Der Insulinbedarf kann auf Reisen steigen, z.B. durch Infektionen. Der Autor empfiehlt daher, ebenfalls die doppelte Menge und zusätzlich für den Fall eines Verlustes ein Privatrezept dafür mitzunehmen. Falls am Ziel keine Pens zu bekommen sind, helfen mitgebrachte Einweginsulinspritzen. Ein internationaler Diabetikerausweis bzw. eine ärztliche Bescheinigung in Englisch über die benötigten Medikamente und Utensilien erleichtert die Zollkontrolle.
Hormon im Brustbeutel
Orale Antidiabetika zur lokalen Zeit einnehmen
Besondere Herausforderungen kann die Zeitverschiebung mit sich bringen. Am einfachsten gelingt die Umstellung bei oralen Antidiabetika aufgrund der langen Halbwertszeit. Sie sollten zur lokalen Zeit eingenommen werden – also z.B. wenn am Reiseziel morgen ist. Die Insulin-Applikation muss bei einer Zeitverschiebung unter vier Stunden nicht modifiziert werden. Bei mehr als vier Stunden wird die erste Dosis des Basalinsulins angepasst: Führt die Reise Richtung Westen (verlängerter Tag), spritzt der Patient am besten pro Stunde Zeitverschiebung 1/24 mehr Basalinsulin, bei Reisen nach Osten entsprechend weniger.Aktive Urlauber sollten einen Blutzucker > 150 mg/dl haben
In manchen Ländern erkrankt jeder zweite Tourist an einer Reisediarrhö. Oberste Priorität hat die Aufnahme von Flüssigkeit und Elektrolyten. Falls die Kranken keine Nahrung aufnehmen können, sollten sie die Applikation des kurz wirksamen Insulins unterbrechen und die Dosis des Basalinsulins halbieren. Sportliche Ambitionen müssen Diabetiker im Urlaub nicht aufgeben: Allerdings wird vor längeren Belastungen ein Blutzucker über 150 mg/dl gefordert. Bei Werten über 250 mg/dl muss man die Ketonkörper im Urin bestimmen. Im Fall einer Ketoazidose, die fast ausschließlich Typ-1-Diabetiker betrifft, heißt es: Schluss mit Sport. Denn dieser würde die Stoffwechselentgleisung noch verschlimmern. Zur Sicherheit sollten Diabetiker immer ein Messgerät, Insulin und zusätzliche Kohlehydrate mitnehmen, zehn Minuten schnelles Laufen „kostet“ etwa eine Broteinheit.Autofahren nur mit Protokoll
Quelle: Leischker AH. internistische Praxis 2019, 61: 554-555