Künstliche Intelligenz Dr. KI, bitte zum EEG
Darauf weisen Prof. Dr. Jonathan Kleen und Prof. Dr. Elan Guterman vom Department of Neurology der University of California in San Francisco hin. Warum also nicht Abhilfe schaffen mit Methoden, die sich schon in anderen Bereichen der Medizin bewährt haben? Selbstständig arbeitende Modelle der künstlichen Intelligenz assistieren etwa bereits bei der Beurteilung von Funduskopien. Nun sehen die beiden Kollegen auch eine „neue Ära der automatisierten EEG-Auswertung“ anbrechen.
Grund für den Optimismus ist ein KI-Modell, das ein Team um Dr. Jesper Tveit vom Unternehmen Holberg EEG im norwegischen Bergen entwickelt hat. Die Wissenschaftler trainierten ihren SCORE-AI genannten Algorithmus mit mehr als 30.000 EEG, die zuvor von erfahrenen Neurologen beurteilt worden waren. Hauptsächliches Ziel war, per KI normale von pathologischen Aufzeichnungen abgrenzen zu können. In Letzteren sollte Kollege Computer verschiedene Epilepsiemuster erkennen oder diese ausschließen.
Nach seiner Entwicklung musste SCORE-AI sich dann an 9.885 EEG beweisen, die nicht im Trainingsset enthalten gewesen waren. Fast alle waren an der Universitätsklinik Oslo aufgezeichnet worden, nur 100 stammten aus multizentrischen Daten. Die EEG wurden nicht auf der Intensivstation geschrieben und alle Patienten waren älter als drei Monate.
Die Arbeitsgruppe verglich die diagnostische Genauigkeit ihres neuen Modells mit den Beurteilungen von Fachärzten, die die EEG zuvor befundet hatten. Der Algorithmus erwies sich als mindestens so gut wie die Experten – teilweise war die Übereinstimmung von KI und der Mehrheit der Neurologen größer als die zwischen den einzelnen Neurologen.
Neues Modell älteren bei Normalbefunden überlegen
Schließlich wollten die Forscher noch wissen, wie sich ihr „Baby“ im Vergleich zu drei anderen, früher entwickelten KI-Modellen schlägt. Der Algorithmus konnte vor allem Normalbefunde sicherer erkennen als die älteren KI-Varianten, wie der Test an 60 EEG ergab.
Die Gruppe um Dr. Tveit sieht die Bedeutung ihres Projekts vor allem im Ausschluss von relevanten pathologischen Veränderungen. So könne es Neurologen von der Routine entlasten und es diesen erlauben, sich eingehender mit krankhaften Mustern zu befassen. Und mit KI-Hilfe könnten Ärzte in abgelegenen und unterversorgten Gebieten entscheiden, für welche EEG ein Konsil mit Experten ratsam sei.
Quellen: 1. Kleen J, Gutermann E. JAMA Neurol 2023; DOI: 10.1001/jamaneurol.2023.1082
2. Tveit J et al. JAMA Neurol 2023; DOI: 10.1001/jamaneurol.2023.1645