Leistungssport Erholsamer Schlaf steigert Trainingseffekte und Wettkampferfolg
Unzureichender Nachtschlaf mindert nicht nur die physischen Fertigkeiten eines Menschen, sondern er verschlechtert auch das Konzentrationsvermögen und die Stimmungslage am Tag. Starre Trainingspläne, die chronobiologische Zusammenhänge unberücksichtigt lassen, Training im Übermaß, Stress insbesondere vor Wettkämpfen, dazu wechselnde Schlafumgebungen und Reisen über etliche Zeitzonen hinweg: All das sind Faktoren, die die Schlafgesundheit von Leistungs- und Profisportlern erheblich beeinträchtigen.
Sowohl beim Mannschaftssport als auch bei den Einzeldisziplinen leidet dann die Fähigkeit zu schnellen Bewegungen und Entscheidungen, die allgemeine Motivation sinkt, das motorische Koordinationsvermögen geht zurück. Auch für die Regenerationsphase nach der Anstrengung ist guter Schlaf entscheidend, schreibt ein Autorenteam um Albrecht Vorster von der Universitätsklinik für Neurologie am Berner Inselspital.
Wachstumshormone, die für die Geweberegeneration nötig sind, werden vor allem während des Tiefschlafs produziert. Untersuchungen an jugendlichen Sportlern haben gezeigt, dass bei sechs statt acht Stunden Schlaf das Verletzungsrisiko um 70 % höher lag. Zu wenig Schlaf führt dazu, dass der Glykogengehalt im Muskel sinkt und die Stresswahrnehmung des Athleten steigt.
Mehr als jeder zehnte Sportler hat Probleme, einzuschlafen
Einer von fünf Eishockeyprofis gab in einer Untersuchung an, während der Wettkampfsaison Schlafprobleme zu haben. Einer von dreien hatte deswegen schon einmal ein Schlafmittel genommen, jeder Sechste tat das regelmäßig. Es ist allerdings vollkommen unklar, wie sich diese Medikamente auf die sportliche Leistungsfähigkeit am nächsten Tag auswirken, geben die Autoren zu bedenken. Im Sport ist daher beim Einsatz schlaffördernder Substanzen besondere Vorsicht geboten.
Mehr als jeder zehnte Sportler hatte regelmäßig Probleme, innerhalb von 30 Minuten nach dem Zubettgehen einzuschlafen und erfüllte damit ein zentrales Kriterium für das Vorliegen einer Insomnie. Vor einem wichtigen Wettkampf schlafen nach eigenen Angaben zwei Drittel der Athletinnen und Athleten schlechter als sonst. Dazu beitragen können Albträume, deren Inhalt sich oft auf den Sport bezieht. Etwa 15 % berichten, dass sie solche beunruhigenden Träume vor Wettkämpfen haben, bei 5 % ist dies generell einmal oder mehrmals pro Woche der Fall. Und schließlich können auch Sportler unter schlafbezogenen Gesundheitsstörungen wie obstruktiver Schlafapnoe (10 %) oder Restless-Legs-Syndrom (5 %) leiden.
Wie andere Betroffene auch profitieren Athleten mit Schlafproblemen nachgewiesenermaßen von Aufklärungsprogrammen zu Schlafhygiene und Schlafwissen. Mit solchen Maßnahmen werden Methoden vermittelt, mit denen sich die Nachtruhe verbessern lässt:
- Einhalten einer festen Routine beim Zubettgehen
- Erlernen von Strategien gegen Grübelei
- Gestalten einer ruhigen und komfortablen Umgebung
- Verzicht auf Koffein in den Stunden vor dem Schlafengehen
- Entspannungsübungen, um schneller ein- und besser durchzuschlafen
Einfach eher ins Bett zu gehen, wenn man am nächsten Tag früh raus muss, funktioniert bei Sportlern ebenso wenig wie bei anderen Menschen. Dem steht vor allem die innere Uhr entgegen. Eine entsprechende Beratung aller Beteiligten kann dabei helfen, die Trainings- und Terminpläne so zu gestalten, dass der Schlaf den ihm gebührenden Raum bekommt.
Powernaps sind bei vielen Athleten eingeplant
Fehlende Ruhe während der Nacht kann durch Tagesschlafeinheiten kompensiert werden; entscheidend für die sportliche Leistungsfähigkeit ist die Gesamtschlafdauer. Mehr als 40 % der Sportsfrauen und -männer integrieren heute Powernaps in ihren Trainingsplan. Wenn ein Frühtraining nicht zu vermeiden ist, kann nachfolgend gezielt eine zusätzliche Schlafeinheit eingebaut werden. Wettkampfleistungen lassen sich steigern, wenn kurz vor dem Termin eine zusätzliche Schlafpause oder gar ein Ausschlaftag eingeplant werden.
Die Grundlage jeder Beratung ist ein detailliertes Protokoll, das über mindestens zwei Wochen alle Schlaf- und Trainingszeiten erfasst. Aus der Erinnerung heraus sind oft nur ungenaue Angaben zu Schlafbeginn und -dauer, Störungen und deren Zusammenhang mit äußeren Faktoren möglich. Ergänzend zu diesen Aufzeichnungen können Aktimeter die Aktivitätsphasen erfassen. Die Polysomnographie ist nur indiziert, um schlafbezogene Störungen wie eine obstruktive Schlafapnoe abzuklären.
Quelle: Vorster A et al. Swiss Med Forum 2022; 22: 198-203; DOI: 10.4414/smf.2022.08941