Ernährungsberatung: Geringer Stellenwert bei Ärzten und Patienten
Münchner Wissenschaftler haben in der Abteilung Hämatologie/Onkologie einer Münchner Klinik eine zweiteilige Studie durchgeführt. In Teil 1 prüften sie acht Monate lang, ob bei neu aufgenommenen Patienten das Risiko für eine Mangelernährung bestand. Dazu nutzten sie den Nutritional Risk Score, der unter anderem Alter, BMI und Schwere der Erkrankung berücksichtigt. Außerdem bestimmten sie die Körperzusammensetzung und die Muskelkraft mit einem Hand-Dynamometer. Diese Untersuchungen wiederholten die Forscher nach drei Wochen. In Teil 2 wollten sie dann bei Risikopatienten eine Ernährungstherapie einleiten. Am Anfang stand eine Beratung der Betroffenen, darauf folgten ggf. Interventionen, bei denen Mahlzeiten spezifisch angereichert bzw. kalorienreiche Flüssignahrungen supplementiert wurden. Bei Bedarf sollten die Patienten enteral oder parenteral ernährt werden.
Insgesamt fielen die Ergebnisse bei den 173 Studienteilnehmern (70 in Teil 1, 103 in Teil 2) ziemlich ernüchternd aus: Bei fast zwei Dritteln (63,6 %) bestand anfänglich das Risiko einer Mangelernährung, und alle Patienten nahmen während ihres Aufenthaltes an fettfreier Körpermasse ab. Parallel dazu verloren sie an Muskelkraft.
Eine Ernährungsberatung fand bei keinem der Patienten statt
In Teil 1 hatten nur acht Kranke eine Art von Ernährungstherapie erhalten: Sie bekamen zusätzliche Trinknahrung, zwei von ihnen erhielten parenterale Nährstoffe. Eine ausgewiesene Ernährungsberatung fand in keinem Fall statt, ebenso wenig wurde die Standardkost an die individuelle Situation eines Kranken angepasst. In Teil 2 sah es ähnlich aus: 15 Patienten in riskantem Ernährungszustand erhielten hochkalorische Trinklösungen, fünf von ihnen auch eine parenterale Ernährung. Diese Kranken nahmen über die drei Folgewochen weniger Gewicht ab als diejenigen ohne solche ergänzende Maßnahmen.
Was man im ambulanten Setting tun kann
- Das Essen ist zu Hause ohnehin besser und gesünder.
- Eine Ernährungsberatung lohnt sich nicht für die paar Tage auf Station.
- Ernährungsberatung macht das Krankenhausessen auch nicht besser.
Quelle: Ludolph K et al. Ernahrungs Umschau 2020; 67: 174-182; DOI: 10.4455/eu.2020.035