Salzarme Ernährung Ersatz senkt das kardiovaskuläre Risiko
Mit der „Salt Substitute and Stroke Study“ ist dem Forscherteam um Professor Dr. Bruce Neal vom Institut for Global Health in Sydney ein Coup gelungen: Als sie die ersten Daten daraus veröffentlichten, brach unter den Zuhörenden Jubel aus. Endlich eine Landmark-Studie, die sowohl durch ihr Design als auch durch ihre Ergebnisse besticht. Rund 21.000 Menschen, die aus 600 Dörfern in ländlichen Regionen Chinas stammten, nahmen an der offenen clusterrandomisierten Untersuchung über fast fünf Jahre teil.1
8 von 10 Teilnehmenden nahmen Blutdrucksenker
Die Studienkohorte hatte ein durchweg hohes kardiovaskuläres Risiko. Zu den Einschlusskriterien zählten eine positive Schlaganfallanamnese (72,6 % der Teilnehmenden) und/oder ein schlecht eingestellter Bluthochdruck (88,4 %) kombiniert mit einem Alter über 60 Jahre. Im Schnitt waren die Männer und Frauen 65,4 Jahre alt. Rund 80 % von ihnen nahmen mindestens ein gängiges Antihypertensivum ein.
Für die Zuordnung zu den Studienarmen wählten die Forschenden ganze Dörfer und randomisierten sie in die Interventionsgruppe, die einen Salzersatz aus 75 % Natriumchlorid und 25 % Kaliumchlorid verwendete, bzw. der Kontrollbedingung zu. Personen in letzterer würzte ihre Speisen mit herkömmlichem Kochsalz mit 100 % Natriumchlorid.
Als primären Endpunkte wählten die Forschenden Schlaganfälle, als sekundäre Endpunkte schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse (MACE) und Todesfälle. Außerdem wurde die Sicherheit des Salzersatzes mit Blick auf klinische Zeichen einer Hyperkaliämie analysiert. Auch die Inzidenz plötzlicher Herztode, die durch Kaliumimbalancen ausgelöst werden können, wurde erfasst. Schwere Nierenerkrankungen sowie die Anwendung kaliumsparender Diuretika stellten Ausschlusskriterien dar. Eine regelmäßige Bestimmung der Kaliumwerte im Blut war im Studiendesign nicht vorgesehen.
Schlaganfälle traten im fünfjährigen Studienzeitraum signifikant seltener auf, wenn statt Kochsalz der Salzersatz mit lediglich 75 % Natriumchlorid verwendet wurde: Die Zahl der Ereignisse lag bei 29,14 in der Interventionsgruppe versus 33,65 auf 1.000 Patientenjahre bei den Kontrollen. Dies entspricht einer Risikoreduktion um 14 %. In derselben Größenordnung bewegte sich der präventive Effekt bzgl. der MACE (Risikoreduktion von 13 %). Die Sterblichkeit war bei Verwendung des Salzersatzes um 12 % reduziert.
Diese angesichts der geringfügigen Intervention erstaunlichen Erfolge waren nicht mit anderweitig erhöhten Gefahren verbunden. Hinweise auf ein größeres Risiko für klinisch relevante Hyperkaliämien fanden sich mit der angewendeten Suchmethodik nicht. Auch eine höhere Inzidenz plötzlicher Herztode sei in der Salzersatzkohorte nicht aufgefallen, so die Autoren.
Was genau zu dem Effekt führt, ist unklar
Als bemerkenswert stufen Prof. Neal und sein Team die hohe Adhärenz ein: 92 % der Teilnehmenden nutzten den Salzersatz bis zum Ende der Studie. Dies werten sie als Argument für die „nahezu kochsalzidentischen“ Geschmackseigenschaften des Ersatzprodukts.
Für Professor Dr. Bryan Williams vom University College in London, der die Präsentation seines Kollegen auf dem ESC-Kongress 2021 kommentierte, ist die Debatte um den Nutzen einer Salzrestriktion damit beendet.2 Es sei unerheblich, was genau zu den präventiven Effekten geführt habe: Ob die Kochsalzrestriktion allein, die Kaliumsupplementierung oder beides – „entscheidend ist, dass es funktioniert“, so Prof. Williams.
Quellen:
1. Neal B et al. N Engl J Med 2021; 385: 1067-1077; DOI: 10.1056/NEJMoa2105675
2. Kommentar Williams