Fleischlos ernährte Säuglinge richtig mit Eisen, Jod, Zink und Vitaminen versorgen
Liebhaber fleischfreier Ernährung lassen sich grob in drei Gruppen unterteilen: Am weitesten verbreitet sind Ovo-Lakto-Vegetarier. Sie verzehren weder Fleisch noch Fisch, zu Eiern und Milchprodukten sagen sie aber nicht prinzipiell Nein. Lakto-Vegetarier verzichten auch auf Eier. Veganer lehnen alle Nahrungsmittel tierischen Ursprungs ab, also beispielsweise auch Milch(produkte) und Honig. In der Praxis gibt es allerdings viele fließende Übergänge, schreibt das Team um Privatdozent Dr. Hermann Kalhoff von der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Westfälischen Kinderzentrum des Klinikums Dortmund. Deshalb sollten Sie in jedem Einzelfall genau eruieren, welche Kost die Eltern meinen.
Vegetarische Exklusionsdiäten können für Säuglinge nicht generell empfohlen werden. Denn: Je mehr Lebensmittel ausgeschlossen werden, desto höher ist das Risiko für Mangelerscheinungen. Lassen sich (werdende) Eltern nicht von einer nicht-vegetarischen Kost für sich und ihr Kind überzeugen, gilt es, einiges zu beachten.
Bereits die ovo-lakto-vegetarische Ernährung erfordert bei Säuglingen eine besondere Aufmerksamkeit. Denn durch den Verzicht auf Fleisch verschwindet beispielsweise das gut verfügbare zweiwertige Eisen vom Speiseplan. Als Alternative raten die Autoren, die Beikost mit Vollkorngetreide, idealerweise mit Haferflocken, zuzubereiten. Es enthält reichlich dreiwertiges Eisen. Da dieses allerdings schlechter resorbiert wird, empfehlen Experten die Zugabe von Vitamin-C-reichem Saft oder Obstpüree. Dadurch lässt sich die Aufnahme erhöhen (s. Kasten).
Jodsalz hat in Säuglingskost nichts verloren
Mit Muttermilch und selbst hergestellter Beikost ernährte Kinder erhalten im zweiten Lebenshalbjahr oft zu wenig Jod. Das bei Erwachsenen als wichtigste Quelle dienende Jodsalz scheidet aus, weil Säuglingskost nicht zusätzlich gesalzen werden soll. Seefisch kommt bei einer vegetarischen Ernährung nicht in Betracht. Als Alternative empfehlen Experten die Versorgung über einen kommerziell erhältlichen angereicherten Milchbrei oder die Supplementierung (50 µg Jod pro Tag).
Außerdem ist bei der lakto-ovo-vegetarischen Ernährung die Aufnahme von Zink, Vitamin B12 und Vitamin D sowie Omega-3-Fettsäuren reduziert. Eine lakto-vegetarische Kost kann zusätzlich ein Vitamin-A-Defizit auslösen. Deshalb sollten Sie mittels Ernährungsanamnese und eventuell durch Laborkontrollen klären, ob die Versorgung ausreicht.
Von einer veganen Ernährung im Säuglingsalter raten die Autoren ausdrücklich ab. Denn dabei drohen multiple, kaum ausgleichbare Nährstoffdefizite und dazu eine mangelnde Kalorienversorgung. Neben der Zufuhr von Eisen, Zink und Jod ist die Aufnahme von Kalzium sowie Vitamin B12, B2, D und A gefährlich vermindert. Zudem fehlt es an biologisch hochwertigem tierischem Eiweiß. Somit besteht ein hohes Risiko für Entwicklungsstörungen und andere Gesundheitsgefahren.
Gemüse-Kartoffel-Getreidebrei
- 100 g Gemüse
- 50 g Kartoffeln
- 10 g Haferflocken
- 30 g Vitamin-C-reicher Saft oder Obstpüree
- 20 g Wasser
- 8 g Rapsöl
Die Sicherheit von Sojaprodukten ist ungewiss
Pflanzliche Milchersatzgetränke wie Reis-, Mandel- oder Getreidedrinks sind kein geeigneter Ersatz für Muttermilch oder Säuglingsnahrung im ersten Lebensjahr. Als mögliche Alternative nennen die Autoren industriell hergestellte Säuglingsnahrungen auf der Basis von Sojaproteinisolaten. Sie müssen die gleichen Nährstoffregeln erfüllen wie Produkte mit Kuhmilch. Die Sicherheit von Sojaprodukten wird allerdings noch kontrovers diskutiert. Bedenken bestehen vor allem hinsichtlich der darin enthaltenen östrogenen Verbindungen, der möglichen Allergierisiken und der Verwendung gentechnisch veränderter Pflanzen.Quelle: Kalhoff H et al. Kinder- und Jugendarzt 2020; 51: 408-413