Vegane Ernährung der Mutter führte beim Sohn zu Anämie und Entwicklungsstörungen
Pflanzenkost liegt zweifelsohne im Trend. Falsche Annahmen oder gezielte Fehlinformationen können in Risikogruppen jedoch weitreichende gesundheitliche Folgen nach sich ziehen. So wie im Fall einer 37-Jährigen, deren vegane Diät zu einer perniziösen Anämie ihres Sohnes führte. Sie verdankten es letztlich einem „glücklichen Zufall“, dass ihnen schnell geholfen wurde.
Dieser Zufall kam in Form einer heftigen Gastroenteritis, welche die Mutter ins Krankenhaus führte. Den Ärzten um Professor Dr. Friedrich Lübbecke von der Inneren Abteilung des Helios Klinikums Uelzen fiel rasch auf, dass eigentlich ihr acht Monate alte Sohn der Patient war. Er zeigte sich bei der pädiatrisch-neurologischen Eingangsuntersuchung deutlich muskelhypoton, grob- sowie feinmotorisch retardiert. Kopf und Rumpf konnte der Junge im Sitzen nur eingeschränkt kontrollieren, zudem hinkte er seinen Altersgenossen in Perzeption, Sprech- und Sozialverhalten um mehr als drei Monate hinterher.
Den entscheidenden Hinweis auf die Ursache lieferte das Blutbild. Der Kleine hatte eine makrozytäre Anämie mit Megaloblasten, Leukopenie und Thrombozytose, dazu einen extrem niedrigen Vitamin-B12-Spiegel. Letzteres war bei Mutter und Kind nahezu identisch. Die Befunde veranlassten Prof. Lübbecke und Kollegen zur Verdachtsdiagnose eines Vitamin-B12-Mangels, den die Mutter vermutlich über die Brusternährung auf das Kind „übertragen“ hatte. In einem Land mit allen medizinischen Versorgungsmöglichkeiten sollte es Fälle einer perniziösen Anämie nicht mehr geben, schreiben die Autoren. Vor allem, weil man die Ursachen wie einen Cobalamin- und Folsäuremangel mittlerweile kennt und entsprechend therapieren kann.
Stillen lockt aus der Reserve
Nach der Therapie noch motorisch eingeschränkt
Ihr Sohn musste aufgrund fiebernder Beschwerden noch auf der Station bleiben. Ernährungsumstellung und Substitution normalisierten schließlich auch bei ihm Erythrozyten und Hb, beseitigten Lymphozytose wie auch Leukopenie. Kürzlich wurde der Junge ambulant kinderärztlich untersucht, berichten die Autoren. Er habe sich geistig gut entwickelt und besuche mittlerweile eine höhere Schule, eine verminderte muskuläre, grobmotorische Leistungsfähigkeit mit Haltungsschwäche sei jedoch weiterhin vorhanden.Quelle: Lübbecke F et al. Hamburger Ärzteblatt 2018; 72: 34-35