Anaphylaxie vom Sojaschnitzel Vegane Ersatzprodukte sind aus allergologischer Sicht nicht ohne

Allergiekongress 2024 Autor: Maria Weiß

Auch wenn sich nur 1,6 % der bundesdeutschen Bevölkerung vegan ernähren, boomt das Geschäft mit veganen Ersatzprodukten. Auch wenn sich nur 1,6 % der bundesdeutschen Bevölkerung vegan ernähren, boomt das Geschäft mit veganen Ersatzprodukten. © ChayTee – stock.adobe.com

Betrachtet man die Zutatenlisten veganer Ersatzprodukte aus allergologischer Perspektive, schrillen die Alarmglocken. Vor allem darin enthaltene Nüsse und Hülsenfrüchte bereiten Probleme. Die Spurenkennzeichnung ist häufig nicht ausreichend.

Auch wenn sich nur 1,6 % der bundesdeutschen Bevölkerung vegan ernähren, boomt das Geschäft mit veganen Ersatzprodukten. Viele haben ein gutes Gewissen, wenn sie ab und zu ein veganes Würstchen oder Hacksteak essen, und auch der Geschmack ist in den letzten Jahren immer besser geworden, sagte Dr. Lars­ Lange von der Abteilung für Pädiatrische Pneumologie und Allergologie am St. Marienhospital in Bonn.

Da man bei einer rein veganen Ernährung auf eine ausreichende Zufuhr von Proteinen achten muss, enthalten die Ersatzprodukte häufig eine Kombination von Nüssen, Saaten und Hülsenfrüchten. Diese müssen in großen Mengen verzehrt werden, um die erforderliche Proteinmenge zu erreichen. Das kann auch bei Menschen mit ansonsten hoher Allergieschwelle zu Problemen führen, erklärte der Allergologe.

Oft greifen Personen mit Kuhmilch- oder Hühnereiallergie zu veganen Angeboten, da sie sich mit ihnen auf der sicheren Seite wähnen. Eine Untersuchung von 30 verschiedenen veganen Produkten wie Aufstrich, Keksen, Schokolade und Fertiggerichten hat aber gezeigt, dass in 23 % von ihnen Milch nachweisbar war. Dies betraf v. a. Schokoladenerzeugnisse oder Süßwaren. Die Kennzeichnung „kann Spuren von Milch enthalten“ fehlte in einigen Fällen, sodass Menschen mit Milchallergie solche Produkte nicht ungeprüft verzehren und immer auf die kleingedruckten Spurenhinweise achten sollten. Vegane Schokoladenartikel und Gebäck ohne eine mögliche Milchkontamination sind so gut wie nicht erhältlich. Ei war dagegen in keinem der geprüften Produkte nachweisbar.

Einer Untersuchung in Großbritannien zufolge enthalten 36 % der populärsten veganen Angebote Soja. Soja wiederum belegt nach Erdnüssen den zweiten Platz auf der Liste der Auslöser anaphylaktischer Reaktionen. Mit der vollen Allergenität muss man bei unfermentierten unverarbeiteten Sojaprodukten rechnen. Dazu gehören Sojabohnen und -sprossen, aber auch Sojamehl und -milch sowie Tofu. Deutlich weniger allergen ist dagegen die fermentierte Form z. B. in Miso, Sojasoße und Tempeh, die viele Menschen mit entsprechender Allergie vertragen. Völlig unklar ist die Situation bei Sojaprotein, wie man es z. B. in Fitness- und veganen Ersatzprodukten findet.

Lange Kochzeit könnte Allergene denaturieren

Allergene werden zum Teil durch das Erhitzen denaturiert – allerdings müssen die Produkte dafür eine Stunde gekocht werden. Hat man z. B. Pasta aus Linsen, bleiben die Allergene bei der kurzen Kochzeit weitgehend erhalten. In einem Fallbericht hat sogar der Kochdampf von Linsennudeln eine Anaphylaxie ausgelöst, berichtete Dr. Lange.

Wer gegen Erdnuss allergisch ist, sollte auch vorsichtig mit Hülsenfrüchten sein. Immerhin 25 % der Betroffenen sind gegen alle getesteten Hülsenfrüchte sensibilisiert. Zu allergischen Reaktionen kommt es aber in weniger als 17 % der Fälle. Bei Erbsen- oder Linsen­allergien sind Kreuzreaktionen mit anderen Hülsenfrüchten dagegen deutlich häufiger. Zunehmend beobachtet man auch Allergien gegen Hülsenfrüchte ohne zugrunde liegende Erdnussallergie. Das ist problematisch, da für Hülsenfrüchte keine Spurenkennzeichnung vorgeschrieben ist. Anaphylaktische Reaktionen auf Hülsenfrüchte kommen aber zum Glück sehr selten vor.

Bei Nussallergien ist es insbesondere bei veganer Ernährung wichtig, genau festzustellen, welche Nüsse, Hülsenfrüchte und Saaten exakt vermieden werden müssen und was mögliche Alternativen sind. Dazu sollte man ggf. auch Provokationen durchführen. Da Mandelallergien sehr selten sind, stellen sie eine gute Alternative dar – es ist aber schwierig, Mandelprodukte ohne Hinweise auf Spuren anderer Nüsse zu finden. Wichtig ist es für die Betroffenen, im Einzelfall zu wissen, ob eine Spurenmeidung für sie von Bedeutung ist oder größere Mengen solcher „verunreinigter“ Lebensmittel kein Problem darstellen. Eine gute vegane Alternative sind Algenprodukte. Sie sind gesund und nährstoffreich und lösen nach bisherigem Wissen keinerlei Allergien aus.

Quelle: Kongressbericht 19. Deutscher Allergiekongress