Chirurginnen Frauen an die Messer!
Nach wie vor operieren deutlich weniger Chirurginnen als Chirurgen. Selbst in dem in Gleichstellungsangelegenheiten eigentlich recht fortschrittlichen Schweden sind zwei von drei Angehörigen im Fachgebiet Männer. Hat das Folgen für den Patienten? Dieser Frage ist Dr. My Blohm vom Karolinska Institut, Stockholm, zusammen mit Kollegen nachgegangen. Zu diesem Zweck haben sie die Daten des landeseigenen Gallenstein-OP-Registers ausgewertet und sich damit nur auf den am häufigsten durchgeführten Eingriff konzentriert.
150.509 Patienten haben sich in Schweden zwischen den Jahren 2006 und 2019 ihre Gallenblase entfernen lassen. Bei etwa jedem Dritten von ihnen war eine Notfall-OP notwendig. 849 der insgesamt 2.553 Chirurgen am OP-Tisch waren dabei Frauen. Und diese operierten laut den Ergebnissen von Dr. Blohm und Kollegen signifikant sicherer. Im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen verursachten sie 39 % weniger chirurgische Komplikationen bei den elektiven Eingriffen bzw. 17 % weniger bei Notfalloperationen. Auch die Gesamtkomplikationsrate lag um 12 % niedriger, ihre Patienten konnten zudem schneller entlassen werden. Auffallend war allerdings auch, dass die Chirurginnen im Schnitt länger operierten.
Jeder Achte war von einer Ärztin behandelt worden
Nachbeobachtet hatten die Wissenschaftler die Patienten nur 30 Tage. Ob sich ein ähnlicher Trend auch im postoperativen Langzeitverlauf wiederfindet, hat ein zweites Forscherteam um Dr. Christopher Wallis von der urologischen Abteilung des Mount Sinai Hospitals in Toronto untersucht. Es hat sich in seiner Studie auf die 25 am häufigsten durchgeführten Eingriffe konzentriert. Quelle war eine kanadische retrospektive Kohortenstudie mit insgesamt 1.165.711 Patienten. Knapp jeder Achte war von einer Ärztin behandelt worden. Die Forscher machten ähnliche Beobachtungen wie ihre schwedischen Kollegen: Betrachtete man Todesfälle, Wiederaufnahmen und postoperative Komplikationen zusammen, erzielten die weiblichen Operateure eine bessere Quote als ihre männlichen Kollegen. Das galt sowohl nach 90 Tagen (-8 %) als auch nach einem Jahr (-6 %). Ob geschlechterbedingte Persönlichkeitsunterschiede diese Differenzen erklärten, ließe sich aus den Daten nicht ableiten, kommentiert Dr. Martin Almquist vom Skåne University Hospital im schwedischen Lund. Er weist aber darauf hin, dass Frauen tendenziell akkurater und vorsichtiger arbeiten. Dies sei als Arbeitsweise höchstwahrscheinlich einem risikofreudigeren und schnelleren Vorgehen überlegen, wenn es darum geht, bessere Ergebnisse für den Patienten zu erzielen. „Mit Sicherheit sind die Zeiten, als der einsame Cowboy als der Typ des idealen Chirurgen galt, längst vorbei“, schreibt Dr. Almquist abschließend.
Quellen:
1. Blohm M et al. JAMA Surg 2023; DOI: 10.1001/jamasurg.2023.3736
2. Wallis CJD et al. JAMA Surg 2023; DOI: 10.1001/jamasurg.2023.3744
3. Almquist M. JAMA Surg 2023; DOI: 10.1001/jamasurg.2023.3741