Anti-Demenz-Strategien Frühzeitig aktiv werden gegen den kognitiven Abbau

Autor: Dr. Andrea Wülker

Ein kognitives Training hilft unter anderem dabei, eine sogenannte kognitive Reserve aufzubauen. Ein kognitives Training hilft unter anderem dabei, eine sogenannte kognitive Reserve aufzubauen. © Laura – stock.adobe.com

Von A wie Antihypertensivum bis Z wie zirkadianen Rhythmus stabilisieren: Um präventiv etwas gegen die Entwicklung einer Demenz zu tun, gibt es eine ganze Reihe von Möglichkeiten. Manche haben die Betroffenen selbst in der Hand, bei einigen Ärztinnen und Ärzte eine entscheidende Rolle spielen.

Aktuell sind in Deutschland etwa 1,8 Millionen Menschen dement – bis zum Jahr 2050 dürfte diese Zahl Prognosen zufolge auf 2,8 Millionen ansteigen. Trotz großer Forschungsanstrengungen lassen sich die meisten Demenzformen derzeit nicht heilen, weshalb alles getan werden sollte, um ihnen vorzubeugen. Mit präventiven Ansätzen könnten immerhin 40 % aller Demenzerkrankungen verzögert oder vermieden werden, schreibt eine Arbeitsgruppe um Dr. Carolin Steinmetz von der Universität Göttingen.

Ein wichtiger Baustein für die Prävention ist die medikamentöse Behandlung einer bestehenden arteriellen Hypertonie und/oder eines Diabetes mellitus. Beide Erkrankungen erhöhen das Risiko für einen progredienten Verlust kognitiver Fähigkeiten. Welches Antihypertensivum zur Blutdrucksenkung eingesetzt wird, ist dabei zweitranging – Ziel muss es sein, Normalwerte zu erreichen. Im Rahmen der Diabetestherapie konnte gezeigt werden, dass Metformin, GLP1-Agonisten, Glitazone oder SGLT2-Inhibitoren mit einem reduzierten Demenzrisiko assoziiert sind. Allerdings stehen prospektive Studien hierzu noch aus. Bei Vorhofflimmern kann eine orale Antikoagulation den kognitiven Abbau verringern. Zudem empfiehlt die WHO, klinische Depressionen medikamentös oder psychotherapeutisch zu behandeln, da auch diese ein erhöhtes Risiko für Demenzerkrankungen nach sich ziehen.

Mit ausgewogener Kost und Sport zum gesunden Geist

Verschiedene Lebensstilmaßnahmen sollten ebenfalls beherzigt werden. Regelmäßige körperliche Aktivität schützt vor geistigem Abbau und hält zudem das Körpergewicht im gesunden Rahmen, was weitere Pluspunkte bringt. Denn ein BMI ≥ 30 kg/m2 geht mit einem erhöhten Risiko einher, später im Leben eine Demenz zu entwickeln. Die WHO empfiehlt deshalb bei Übergewicht und Adipositas im mittleren Lebensalter eine Gewichtsreduktion durch eine entsprechende Ernährungsweise (u. a. den Verzehr von Lebensmitteln mit niedrigem glykämischem Index) und regelmäßige körperliche Aktivität. Empfehlenswert ist es ebenso, das Rauchen als wichtigen Risikofaktor so früh wie möglich einzustellen und einen eventuell bestehenden Alkoholkonsum deutlich einzuschränken.

Durch erhöhte mentale Aktivität kann ein Puffer gegen geistigen Abbau geschaffen werden. Ein kognitives Training hilft unter anderem dabei, eine sogenannte kognitive Reserve aufzubauen. Mit ihrer Hilfe kann das Gehirn auf neuropathologische Veränderungen oder Schädigungen reagieren und diesen entgegenwirken.

Schwerhörigkeit ist ein weiterer Risikofaktor für die Entwicklung einer altersassoziierten Demenz. Unerkannte und unbehandelte Hörminderungen verursachen bei älteren Menschen Schätzungen zufolge mehr als 8 % der Demenzerkrankungen – wahrscheinlich, weil eine Schwerhörigkeit die kognitive Stimulation reduziert. Werden die Betroffenen beraten und mit einem Hörgerät versorgt, sinkt das Risiko.

Schlafstörungen wie Insomnie, ein gestörter zirkadianer Rhythmus, obstruktive Schlafapnoe und schlechte Schlafqualität gehen ebenfalls mit einem erhöhten Demenzrisiko einher. Hypnotika lösen dieses Problem nicht, sondern verschlimmern es eher. Die Gabe von Benzodiazepinen ist nicht nur mit häufigeren Stürzen und Klinikeinweisungen assoziiert, sondern möglicherweise auch mit Demenzerkrankungen.

Die Familie und soziales Engagement wirken protektiv

Es gilt als gesichert, dass soziale Kontakte, eine gute familiäre Einbindung und gesellschaftliches bzw. soziales Engagement einer Demenzentwicklung entgegenwirken können. Auch eine gesunde Ernährung kann den geistigen Abbau bremsen. Günstig ist ein hoher Anteil pflanzlicher Nahrungsmittel bzw. eine Mittelmeerkost mit viel Gemüse, Hülsenfrüchten und Obst, aber wenig Fleisch und gesättigten Lipiden. Eine prospektive Kohortenstudie kam allerdings zu dem Ergebnis, dass diese Ernährungsweise nur bei Menschen mit kardiovaskulären Erkrankungen wirklich vor Demenz schützt.

Zur Prävention werden außerdem bereits erste digitale Ansätze in Form von Apps angeboten und für einen Teil der gesetzlich Versicherten erstattet. Auf diesem Feld dürfte es in den nächsten Jahren ein zunehmendes Angebot und weitere Evidenz geben.

Quelle: Steinmetz C et al. Z Gerontol Geriat 2024; 57: 442-446; doi: 10.1007/s00391-024-02337