Cholelithiasis Gallensteine ins Rollen bringen

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Präpapilläre Konkremente sind in der Magnetresonanz-Cholangiopankreatikografie sowie per Endosonografie darstellbar. Präpapilläre Konkremente sind in der Magnetresonanz-Cholangiopankreatikografie sowie per Endosonografie darstellbar. © eleonimages – stock.adobe.com, Grothaus J, Pohl J. Hamburger Ärzteblatt 2024; 78: 12-16 © Hamburger Ärzteverlag, Hamburg

Fälle von Cholelithiasis nehmen zu, aber die meisten Gallensteinträger bleiben symptomfrei. Dennoch gehört die Cholezystektomie zu den häufigsten bauchchirurgischen Eingriffen. Gastroenterologen beschreiben das optimale Vorgehen bei Konkrementen und Obstruktion.

Zwischen 15 und 20 % der Bevölkerung in westlichen Ländern haben Gallensteine, wobei Frauen zwei- bis dreimal häufiger betroffen sind. Je nach Lokalisation der Konkremente unterscheidet man zwischen Cholezystolithiasis (Gallenblasensteine), Choledocholithiasis (extrahepatische Gallengangssteine) und Hepaticolithiasis (intrahepatische Gallenwegssteine).

Symptomatik und Diagnostik

Ein Viertel der Patienten mit Gallenblasensteinen leidet an Koliken. Die Schmerzen im Epigastrium oder im rechten Oberbauch halten über 15 Minuten an, können in Rücken und rechte Schulter ausstrahlen und werden oft von Übelkeit und Erbrechen begleitet. Auslöser ist meist ein intermittierender Verschluss des Ductus cysticus.

Zwar lindern Analgetika die Schmerzen, das Rezidivrisiko nach der ersten Episode liegt jedoch bei 50 %, so Dr. Johannes Grothaus und Prof. Dr. Jürgen Pohl von der Asklepios Klinik Altona in Hamburg. Wenn der Schmerz länger als fünf Stunden fortdauert, ist an Komplikationen wie eine Gallenblasenentzündung oder eine akute biliäre Pankreatitis zu denken (s. Kasten).

Komplikationen des Gallensteinleidens

  • akute Cholezystitis
  • chronische Cholezystitis (Porzellan-/Schrumpfgallenblase)
  • Choledocholithiasis mit aszendierender Cholangitis
  • akute biliäre Pankreatitis
  • Gallensteinileus, Bouveret-Syndrom
  • Mirizzi-Syndrom
  • Gallenblasenkarzinom

Bildgebung erster Wahl zum Nachweis oder Ausschluss einer Cholezystolithiasis ist der transabdominale Ultraschall. Er hat auch eine hohe Sensitivität für die Detektion einer akuten Inflammation der Gallenblase. Die Diagnose basiert auf der sonografischen Detektion von Konkrementen in der Gallenblase und Zeichen einer Cholezystitis auf drei der folgenden vier Symptome:

  • rechtsseitiger Oberbauchschmerz 
  • Murphy-Zeichen
  • Leukozytose
  • Fieber

Bei unklarem Befund oder Komplikationsverdacht können CT und MRT weiterhelfen. Die Labordiagnostik ist bei unkomplizierten Gallenblasensteinen meist nicht zielführend. Wenn eine Choledocholithiasis vermutet wird, empfehlen die Autoren, gewisse Laborparameter zu bestimmen, darunter Gesamtbilirubin, alkalische Phosphatase, γ-GT, Alanin-Aminotransferase, Aspartat-Aminotransferase und Lipase. 

Die akute Choledocholithiasis macht sich meist mit rechtsseitigen Oberbauchschmerzen bemerkbar, die stundenlang anhalten können. Verursacht wird sie durch eine Okklusion des Ductus hepatocholedochus (DHC). Die Beschwerden können sich nach spontaner Steinpassage oder Dislokation in den proximalen DHC bessern. An Komplikationen ist mit einer Cholangitis oder einer biliären Pankreatitis zu rechnen.

Bei der klassischen Cholangitis kommt es zu einer Kombination aus Fieber mit Schüttelfrost, Ikterus und rechtseitigem Oberbauchschmerz. Im höheren Alter kann sich ein Verschlussikterus allerdings langsam entwickeln, ohne dass die Betroffenen Schmerzen und Fieber plagen. Die Diagnose der Pankreatitis lässt sich hingegen stellen, wenn zwei der folgenden drei Punkte vorliegen:

  • gürtelförmiger Schmerz im Oberbauch
  • Hyperlipasämie (mehr als dreifacher Normwert)
  • passende Bildgebung (Ödem, Exsudation, Nekrosen)

Diagnostik der Wahl ist auch bei der Choledocholithiasis der Ultraschall. Falls der Nachweis nicht gelingt, können Endosonografie oder Magnetresonanz-Cholangiopankreatikografie (MRCP) für Abhilfe sorgen.

Behandlung

Patienten mit asymptomatischen Gallenblasensteinen müssen wegen des geringen Komplikationsrisikos nicht behandelt werden. Eine Ausnahme bilden karzinogene Formen. Von einer solchen auszugehen ist bei Konkrementen > 3 cm, Polypen > 1 cm oder einer Schrumpf- bzw. Porzellangallenblase. Dann ist ein elektiver Eingriff gerechtfertigt. 

Zur Analgesie bei Koliken eignen sich Spasmolytika, NSAR und in schweren Fällen Opioide. Wegen der Rezidivgefahr sollten Patienten mit unkomplizierter symptomatischer Cholezystolithiasis oder Sludge und typischen Koliken frühzeitig elektiv operiert werden. 

Wenn Gallenwegssteine Schmerzen bereiten, raten Dr. Grothaus und Prof. Pohl zur interventionellen Therapie. Als Standardverfahren gilt die endoskopisch retrograde Cholangiografie (ERC): Nach der Papillotomie werden die Konkremente mit einem Körbchen oder Extraktionsballon entfernt. Möglich ist auch eine drainierende Stenteinlage. Die Cholangioskopie wird eingesetzt, wenn konventionelle Versuche mit der retrograden Cholangiografie misslingen oder die Bildgebung für mangelnde Erfolgsaussichten spricht. 

Eine weitere Option bietet die cholangioskopisch gesteuerte Steinzertrümmerung mittels elektrohydraulischer Lithotripsie. In speziellen Fällen wie beim Mirizzi-Syndrom ist sie oft die einzige Möglichkeit, das Corpus delicti endoskopisch zu entfernen. Falls die Therapie versagt, steht eine endosonografisch gesteuerte biliäre Drainage zur Verfügung. Bei der simultanen Choledocho- und Cholezystolithiasis raten die Kollegen zu einer kombinierten Strategie: Erst werden die Steine via Endoskop entfernt (ERC), dann erfolgt die Gallenblasenresektion (Abstand ≥ 72 h). 

Patienten mit biliärer Pankreatitis benötigen wegen des oft spontanen Steinabgangs nicht immer eine ERC. Bei Zeichen für eine Cholestase und/oder Cholangitis sollte diese möglichst rasch durchgeführt werden (Rezidivrisiko!). Im Fall einer unkomplizierten, spontan sistierenden Pankreatitis ohne ERC-Bedarf ist eine zeitnahe Cholezystektomie indiziert.

Quelle: Grothaus J, Pohl J. Hamburger Ärzteblatt 2024; 78: 12-16 © Hamburger Ärzteverlag, Hamburg