Kratom Gefährliches Naturprodukt

Autor: Dr. Vera Seifert

Die letale Konzentration liegt laut Literatur bei 0,3–3,8 mg/l. Die letale Konzentration liegt laut Literatur bei 0,3–3,8 mg/l. © Oradige59 - stock.adobe.com

Vor Kratom als Inhaltsstoff eines frei verkäuflichen Nahrungsergänzungsmittels hat die Verbraucherschutzzentrale bereits im Jahr 2023 gewarnt. Nun berichten Rechtsmediziner von der ersten tödlichen Monointoxikation in Deutschland.

Ein 30-jähriger Mann wurde tot in seinem Bett aufgefunden. Es stellte sich heraus, dass er früher regelmäßig Kokain, Amphetamine und Cannabis konsumiert hatte. Etwa 18 Monate vor seinem Tod war er wegen eines Krampfanfalls aufgrund einer Kratom-Überdosierung stationär behandelt worden. Offenbar hatte er das Nahrungsergänzungsmittel danach weiter zu sich genommen. Zumindest fand die Polizei in seinem Zimmer drei Pakete mit einem Pulver, das sich laut Analyse als Kratom offenbarte, berichten Dr. Tobias Huter und Kollegen vom Institut für Rechtsmedizin am Uniklinikum Hamburg-Eppendorf.

Bei der Obduktion des 30-Jährigen fanden die Rechtsmediziner unspezifische Anzeichen für eine Intoxikation (u.a. Hirn- und Lungenödem, weitgestellte Harnblase) sowie Aspirationsherde in der Lunge. Im Schenkelvenenblut und im Urin ließen sich Mitragynin (1,5 mg/l) bzw. dessen Metabolite nachweisen. Hinweise darauf, dass der Tod auf andere Substanzen (i.v.-Drogenkonsum etc.) zurückzuführen sein könnte, fanden die Kollegen nicht, weshalb sie sich auf eine Kratommonointoxikation als Todesursache festlegten. 

Kratom bezieht sich auf die Blätter des Kratombaums. Diese enthalten Alkaloide, vor allem das psychoaktive Mitragynin und 7-Hydroxymitragynin. Man kann die Blätter kauen, als Tee zubereiten oder rauchen. Als Nahrungsergänzungsmittel „mit beruhigender Wirkung“ wird es in Deutschland angeboten und ist frei im Internet erhältlich. In höheren Dosen hat Kratom sedierende und narkotisierende Effekte. Es kann auch zu Agitation, Verwirrung, Tachykardie, Schwindel, Halluzination und Koma führen. In den USA wurden allein 2017 mehr als 90 Todesfälle in Zusammenhang mit Kratom dokumentiert.

Öffentlichkeit muss mehr sensibilisiert werden

Sehr wahrscheinlich hatte im aktuellen Fall eine zentrale Atemdepression mit Aspiration zum Tod des Mannes geführt. Die letale Konzentration liegt laut Literatur bei 0,3–3,8 mg/l. Behörden und allgemeine Bevölkerung müssen dahingehend sensibilisiert werden, fordern die Autoren.

Quelle: Huter T et al. Rechtsmedizin 2024; DOI: 10.1007/s00194-024-00685-w