EULAR-Empfehlungen Großgefäßvaskulitis noch besser im Blick

Autor: Dr. Anne Benckendorff

Für die Detektion von entzündlichen Veränderungen der Gefäßwände oder luminalen Veränderungen extrakranieller Arterien gelten FDG-PET-Untersuchung oder alternativ MRT und CT als gute diagnostische Optionen. Für die Detektion von entzündlichen Veränderungen der Gefäßwände oder luminalen Veränderungen extrakranieller Arterien gelten FDG-PET-Untersuchung oder alternativ MRT und CT als gute diagnostische Optionen. © sizsus - stock.adobe.com

Vor fünf Jahren gab die EULAR erstmals Empfehlungen zur Bildgebung in der Diagnostik und Verlaufsbeobachtung bei Riesenzellarteriitis und Takayasu-Arteriitis heraus. Nun wurden sie angesichts neuer Studiendaten überarbeitet.

Bereits in den Empfehlungen aus dem Jahr 2018 verloren die ­Biop­sie der Schläfenarterie und die konventionelle Angiografie zur Diagnose von Riesenzell- und Takayasu-Arteriitis an Bedeutung. Bei der primären Diagnostik wurden sie durch bildgebende Verfahren wie Ultraschall, MRT und FDG-PET* ersetzt, schreiben Dr. Christian Dejaco, Universitätsmedizin Graz, und Kollegen. Nun wurden die Empfehlungen auf der Basis neuerer Daten weiter überarbeitet: So hat sich herausgestellt, dass eine FDG-PET-Untersuchung, anders als früher gedacht, eine Arteriitis auch der Schläfenarterie mit hoher Sensitivität und Spezifität erkennen kann. Darüber hinaus weiß man inzwischen, dass die Interleukin-6-Rezeptor-Inhibitoren Tocilizumab und Sarilumab die Blutsenkung und CRP-Produktion beeinflussen, sodass diese als Biomarker zur Beurteilung der Krankheitsaktivität weniger nutzbar sind. In diesen Fällen könnten bildgebende Verfahren eine umfassende Beurteilung von Betroffenen mit Riesenzell- oder Takayasu-Arteriitis unterstützen. 

Mit den neuen übergreifenden Prinzipien (siehe Kasten) und Empfehlungen möchte die EULAR die Anwendung von bildgebenden Verfahren in der Diagnostik und bei der Beurteilung von Betroffenen optimieren und standardisieren. Die Empfehlungen lauten wie folgt:

Bildgebung zur Diagnose der Riesenzellarteriitis

Als bildgebendes Verfahren der ers­ten Wahl bei Verdacht auf Riesenzellarteriitis empfiehlt die Expertenkommission der EULAR eine Ultraschalluntersuchung der Schläfen- sowie Axillararterien, um die entzündlichen Veränderungen der Gefäßwände zu beurteilen. Diese hat sich bei entsprechend ausgebildeten Untersuchern als sehr zuverlässig erwiesen. Alternativ kann für die Beurteilung der kraniellen Arterien eine hochauflösende MRT oder eine FDG-PET-Untersuchung verwendet werden. Für die Detektion von entzündlichen Veränderungen der Gefäßwände oder luminalen Veränderungen extrakranieller Arterien gelten FDG-PET-Untersuchung oder alternativ MRT und CT als gute diagnostische Optionen.

Bildgebung zur Diagnose der Takayasu-Arteriitis

Bei Verdacht auf eine Takayasu-Arteriitis empfiehlt die EULAR primär eine MRT zur Beurteilung der entzündlichen Prozesse in den  Gefäßwänden und der luminalen Veränderungen. Alternativ können  eine FDG-PET-Untersuchung, eine CT oder Ultraschall eingesetzt werden, wobei allerdings Ultraschall mit Blick auf die thorakale Aorta von begrenztem Wert ist. 

Verlaufskontrollen von Takayasu- und Riesenzellarteriitis

Bei Betroffenen in klinischer und biochemischer Remission empfehlen die EULAR-Experten keine routinemäßige Bildgebung zur Verlaufskontrolle. Liegt allerdings ein Verdacht auf einen Rückfall der Riesenzellarteriitis oder Takayasu-Arteriitis vor, können Ultraschall, eine FDG-PET-Untersuchung oder alternativ auch eine MRT zur Beurteilung von Gefäß­anomalien in Betracht gezogen werden. Dies gilt insbesondere für die Fälle, in denen Labor­marker für die Krankheits­aktivität unzuverlässig sind.

Drei übergreifende Prinzipien

Wie immer bei der EULAR sind den eigentlichen Empfehlungen zu Krankheitsbildern übergreifende Prinzipien („overarching principles“) vorangestellt:

  • Das erste Prinzip besagt, dass bei Verdacht auf eine Riesenzellarteriitis frühzeitig eine Bildgebung erfolgen sollte. Sie darf jedoch den Beginn einer Behandlung nicht verzögern, insbesondere wenn bereits ischämische Manifestationen aufgetreten sind. Falls bildgebende Verfahren nicht verfügbar sind oder keine entsprechenden Experten dafür vorhanden sind, stellt die Biopsie der Schläfenarterie eine Option dar.
  • Gemäß dem zweiten Prinzip sollte die Bildgebung immer durch eine Person mit spezialisierten Kenntnissen unter Verwendung adäquater Ausrüstung und standardisierter Vorgehensweisen erfolgen.
  • Laut dem dritten Prinzip kann die Diagnose einer Riesenzellarteriitis bei starkem klinischem Verdacht und einer positiven Bildgebung gestellt werden, ohne dass ein weiterer Test (Biopsie der Schläfenarterie oder weitere Bildgebung) erfolgen muss. Bei geringer klinischer Wahrscheinlichkeit und negativer Bildgebung ist eine Riesenzellarteriitis dagegen unwahrscheinlich. In allen anderen Fällen sind den Experten zufolge weitere diagnostische Maßnahmen zu unternehmen, um den Verdacht entweder zu erhärten oder auszuschließen.

FDG-PET erkennt Arteriitis der Schläfenarterie

Sowohl bei der Riesenzellarteriitis  als auch bei der Takayasu-Arteriitis können eine MR-Angiografie, CT-Angiografie oder ein Ultraschall der extrakraniellen Gefäße laut EULAR zur langfristigen Überwachung struktureller Schäden eingesetzt werden. Das gilt insbesondere an Stellen mit vorheriger Gefäßentzündung. Wie häufig und mit welcher Bildgebung gescreent werden sollte, ist individuell zu entscheiden.

*    [F18]-Fluorodeoxyglucose-Positronen-Emissions-Tomografie

Quelle: Dejaco C et al. Ann Rheum Dis 2023; DOI:10.1136/ ard-2023-224543