Synkopen Gründe für die Ohnmacht

Autor: Dr. Franziska Hainer

Die wichtigste Differenzialdiagnose ist der epileptische Anfall. Die wichtigste Differenzialdiagnose ist der epileptische Anfall.

Die hohe Lebenszeitprävalenz von 40 % macht die Synkope zu einem relevanten Ereignis in der medizinischen Versorgung. Systematisches Vorgehen hilft, die Ursachen zu erkennen und Hochrisikopersonen zu identifizieren. 

Synkopen werden entsprechend ihrer Ursache eingeteilt in Reflexsynkopen, orthostatisch bedingte Synkopen und kardiale Synkopen. Gemeinsam ist ihnen eine mangelnde Gehirnperfusion, die zur plötzlichen Bewusstlosigkeit führt, erläutern Dr. Manuel Vogel und Prof. Dr. Thomas Fischer vom Universitätsklinikum Würzburg.

Reflexsynkopen

Der am häufigsten vorkommenden Reflexsynkope liegt eine Überaktivierung des Parasympathikus und eine Hemmung des sympathischen Nervensystems zugrunde. Sie kann z. B. durch eine starke Vagusreaktion bei langem Stehen, Schmerzen oder Angst ausgelöst werden. Bei Miktion, Defäkation oder Husten kann es ebenfalls zu einer Reflexsynkope kommen. Auch das Karotissinussyndrom gehört in diese Gruppe. Von einem kardioinhibitorischen Subtyp wird gesprochen, wenn Bradykardie und ggf. Asystolie zur Synkope führen. Der vasodepressorische Subtyp ist auf starken Blutdruckabfall und Vasodilatation zurückzuführen.

Orthostatisch bedingte Synkopen

Dem Blutdruckabfall beim Wechsel in eine aufrechte Körperposition wirken normalerweise physiologische Mechanismen entgegen. Bei mangelnder sympathikusvermittelter Vasokonstriktion kommt es zur orthostatisch bedingten Synkope. Diese wird z. B. durch Flüssigkeitsmangel, bestimmte Medikamente, hohe Außentemperatur oder Alkoholkonsum begünstigt. Bei der neurogenen orthostatischen Hypotonie beeinträchtigt eine Erkrankung wie Morbus Parkinson, Diabetes mellitus oder eine Amyloidose das autonome Nervensystem und führt zu einer gestörten Sympathikusaktivierung.

Kriterien für niedriges und hohes Risiko

Niedriges Risiko:

  • typische Prodromi (z. B. Schwindel, Hitzewallungen, Schweißausbruch)
  • typische Auslöser (z. B. längeres Stehen, Aufrichten, Husten, Defäkation)
  • Karotissinussyndrom
  • keine strukturelle Herzerkrankung
  • unauffällige körperliche Untersuchung, normales EKG

Hohes Risiko:

  • Synkope bei körperlicher Belastung
  • vorher Palpitationen, pektanginöse Beschwerden, Dyspnoe, Bauch-/Kopfschmerzen
  • kardiale Grunderkrankung
  • plötzlicher Herztod in der Familienanamnese
  • Synkope im Sitzen
  • keine Prodromi
  • in der körperlichen Untersuchung: Hypotonie, Bradykardie, neues Systolikum, auffälliges EKG

Bei der Therapie sowohl der Reflex- als auch der orthostatischen Synkope geht es darum, die Zahl der Ereignisse zu reduzieren und Stürze zu verhindern. Aufklärung und Veränderungen des Lebensstils sind wichtige Maßnahmen. Counter-Pressure-Manöver, ausreichend Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme und Ausdauertraining sowie das Vermeiden etwa von langem Stehen können helfen. Weitere Behandlungsmöglichkeiten sind Anpassen der Dauermedikation (blutdrucksenkende Medikamente), ein Therapieversuch mit einem Mineralokortikoid oder Alpha-1-Agonisten (beim jungen Menschen) oder ein Herzschrittmacher. Zusätzlich können bei orthostatischen Synkopen dynamisches Stehen und Gehen sowie Kompressionsstrümpfe gute Dienste leisten.

Kardiale Synkopen

Bei kardialen Synkopen sind die frühzeitige Diagnose und Therapie besonders dringlich. Sie gehen häufig mit Dyspnoe, Angina pectoris, Schwindel oder Palpitationen einher. Kardiale Synkopen treten in allen Körperpositionen auf, kommen in Ruhe und bei Belastung vor, aber ohne Prodromi. Herzkrankheiten, die zu einer kardialen Synkope geführt haben, gehen mit einer erhöhten Mortalität einher.

Man unterscheidet zwischen kardialen Synkopen mit rhythmogenen Ursachen (z. B. Bradykardien wie Sick-Sinus-Syndrom, höhergradiger AV-Block oder tachykarde ventrikuläre Herzrhythmusstörungen) und strukturellen Herzerkrankungen (z. B. Aortenklappenstenose, akuter Myokardinfarkt oder Vorhofmyxom). Die Behandlungsoptionen bei kardialer Synkope reichen von der Operation einer strukturellen Erkrankung über Schrittmachertherapie, Katheterablation bis hin zu Medikamenten. Die spezifische Therapie hängt von der kardialen Ursache ab.

Für alle drei Entitäten bilden Anamnese, körperliche Untersuchung, Blutdruckmessung im Liegen und Stehen sowie ein 12-Kanal-EKG die Basisdiagnostik. Bestätigt sich der Verdacht, ist eine gezielte Synkopenanamnese erforderlich. Dabei helfen standardisierte Fragebogen. Bei orthostatischer Hypotonie ist ein Schellong-Test bzw. ein aktiver Stehtest empfehlenswert.

Führt die initiale Evaluation nicht zur Diagnose, dann empfehlen die Autorinnen und Autoren eine systematische Risikoanalyse. Sie unterscheiden zwischen Niedrigrisikofaktoren, die für eine Reflex- oder orthostatische Synkope sprechen, und grenzen davon Hochrisikofaktoren ab. Bei Letzteren sollte eine stationäre Abklärung erfolgen.

Die weiterführende Diagnostik richtet sich nach Symptomen und Verdacht. Infrage kommen u. a.: 

  • Kipptisch-Untersuchung
  • Karotissinus-Massage (unter Vorsicht, Kontraindikation prüfen)
  • 24h-Blutdruckmessung
  • EKG-Monitoring (ggf. per Loop-Rekorder)
  • Echokardiografie
  • elektrophysiologische Untersuchung
  • Belastungsuntersuchungen
  • neurologische Vorstellung

Die wichtigste Differenzialdiagnose ist der epileptische Anfall. Bei ihm sind die Muskelkontraktionen länger und stärker, die Bewusstlosigkeit anhaltender. Oft treten ein lateraler Zungenbiss, eine Aura oder Déjà-vu-Phänomene auf.

Quelle: Vogel M, Fischer T. Dtsch Med Wochensch 2024; 149: 521-531; DOI: 10.1055/a-2186-1100