Pulmonalvene auf Schlängelkurs Harmlose Normvarianten erfordern keine Embolisation

Autor: Maria Weiß

Wie unterscheiden sich Normvarianten von Missbildungen? Wie unterscheiden sich Normvarianten von Missbildungen? © RAJCREATIONZS - stock.adobe.com

Bei einer schwangeren Asthma-Patientin diagnostizierten Ärzte eine geschlängelte Pulmonalvene mit variköser Erweiterung. Der Fall zeigt, dass solche Normvarianten meist harmlos sind, jedoch klar von gefährlichen Missbildungen wie einer PAVM abgegrenzt werden müssen.

Eine unter Asthma leidende junge Frau stellte sich in der 8. Schwangerschaftswoche mit zunehmender Belastungsdyspnoe und einer Sauerstoffsättigung zwischen 97 und 100 % vor. Im CT ließ sich der Verdacht auf eine Lungenembolie ausschließen. Allerdings fand man im rechten Lungenunterlappen Anzeichen für eine pulmonale arteriovenöse Malformation (PAVM), berichtet ein Team um Dr. Alice Parry von der Abteilung für Respiratorische Medizin, Barts Health NHS Trust in London. Leitlinienkonform wurden ein Monitoring während der Schwangerschaft und – nach der Geburt – eine Embolisation geplant.

Bei einer radiologischen Kontrolluntersuchung ließ sich jedoch keine zuführende Arterie identifizieren, wie es für die Diagnose einer PAVM gefordert wird. Auch die pulmonale anatomische Shunt-Fraktion von nur 6,8 % sprach gegen einen für die PAVM typischen signifikanten Rechts-Links-Shunt. Daraufhin revidierte das Ärzteteam die ursprüngliche Diagnose. Offensichtlich lag bei der jungen Frau eine geschlängelte Pulmonalvene bei gleichzeitig variköser Erweiterung vor. Bisher ist in der Literatur kein Fall bekannt, bei dem diese beiden Fehlbildungen in Kombination auftreten, schreibt das Autorenteam. Nach multidisziplinärer Falldiskussion entschied man sich gegen eine Embolisation, da kein signifikanter Rechts-Links-Shunt bestand.

Nur 60–70 % der Bevölkerung haben eine „normale“ Pulmonalvenenanatomie. Die Venen variieren häufig in Zahl, Durchmesser und Verlauf. Das Spektrum reicht von harmlosen, zufällig entdeckten Normvarianten bis hin zu schweren Gefäßmissbildungen, die eine sofortige Operation nach der Geburt erforderlich machen. Angeborene Pulmonalvarizen haben meist keine klinische Signifikanz und auch eine geschlängelte Pulmonalvene ist typischerweise asymptomatisch. Beide Gefäßveränderungen benötigen in der Regel keine Therapie.

Sie müssen jedoch sorgfältig von anderen Gefäßmissbildungen abgegrenzt werden. Dazu zählen u. a. eine PAVM oder das Scimitar-Syndrom (atypisch verlaufende rechtsseitige Lungenvene inklusive Fehlmündung in Kombination mit weiteren kardiopulmonalen Anomalien). Auch wenn die exakte Differenzierung manchmal schwierig ist, sollte insbesondere eine PAVM stets sicher ausgeschlossen werden, betont das Verfasserteam. Denn sie geht mit einem 30%igen Lebenszeitrisiko für durch den Shunt bedingte Komplikationen wie Schlaganfall oder Hirnabszess einher.

Quelle: Parry A et al. Thorax 2024; 79: 889-890; DOI: 10.1136/thorax-2024-221458