Schwangerschaftsabbruch „Hausärzte können die Versorgung ganz deutlich verbessern“

Autor: Kathrin Strobel

Die Kriterien, die man als Hausärztin oder Hausarzt erfüllen muss, um Schwangerschaftsabbrüche durchführen zu können, variieren je nach Bundesland. (Agenturfoto) Die Kriterien, die man als Hausärztin oder Hausarzt erfüllen muss, um Schwangerschaftsabbrüche durchführen zu können, variieren je nach Bundesland. (Agenturfoto) © Syda Productions - stock.adobe.com

In der Hausarztpraxis Schwangerschaftsabbrüche durchführen? Das ist möglich. Im Podcast erklärt eine Kollegin, welche Schritte dafür erforderlich sind – und wie groß der Bedarf ist.

Bis vor etwa zwei Jahren hatte Dr. Margit Kollmer, Hausärztin in Velden, mit dem Thema Schwangerschaftsabbruch noch nichts zu tun. Sie engagierte sich berufspolitisch und war Mitglied im vom Deutschen Hausärzteverband initiierten Forum Hausärztinnen. Dort erfuhr sie von der Idee, zusätzlich zu den Gynäkologen Hausärzte bei dem Thema mit ins Boot zu holen, um die Versorgung in Deutschland zu verbessern.

Die Kriterien, die man erfüllen muss, variieren je nach Land

Nach dem Workshop rief die Kollegin eine Beratungsstelle in Landshut an, um sich über die Versorgungslage in ihrer Region zu erkundigen. Sie erfuhr, dass es in ganz Niederbayern, einem Flächenland mit immerhin 1,2 Millionen Einwohnern, nur eine einzige gynäkologische Ärztin gab, die Schwangerschaftsabbrüche durchführte – „und da auch nur nach der operativen Methode und nur bis zur zehnten Woche“. Das bedeutete, dass unbeabsichtigt Schwangere für einen Abbruch sehr weite Strecken fahren mussten.

Die Kriterien, die man als Hausärztin oder Hausarzt erfüllen muss, um Schwangerschaftsabbrüche durchführen zu können, variieren je nach Bundesland. In Dr. Kollmers Fall war dies u.a. ein Kurs der Bayerischen Landesärztekammer. Nach einer Begehung der Praxis durch das Gesundheitsamt kam schließlich die Genehmigung. Und erst als die auf dem Tisch lag, habe sie ernsthaft darüber nachgedacht, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen. „Das muss man ja integrieren, die Praxis ist voll, wir haben genug zu tun. Man muss ein extra Zeitfenster dafür schaffen und die Ressourcen dafür freihalten.“ Nachdem die Kollegin zusammen mit ihrem Team einen Plan dafür erarbeitet hatte, startete sie im August 2023 damit, Abbrüche durchzuführen.

Inzwischen hat sie rund 150 Patientinnen behandelt. „Die Nachfrage wäre sehr viel größer gewesen“, betont sie im Podcast. Anfangs habe sie noch jeden Fall angenommen, der die Kriterien erfüllte. Inzwischen bietet sie drei Termine pro Woche an. „Und damit komme ich ganz gut klar“, so Dr. Kollmer.

Was die Versorgung in Deutschland angeht, gibt es ihrer Meinung nach noch eine Menge Arbeit. „Aber wir sind auf einem guten Weg. Es gibt sehr engagierte und aktive Kolleginnen und Kollegen, die versuchen, Positives zu bewirken.“ Im April 2024 wurden die ersten Teilergebnisse der ELSA*-Studie veröffentlicht, in der untersucht wird, wie es um den Schwangerschaftsabbruch in Deutschland bestellt ist. Die Daten ermöglichen es, genau auszuwerten, in welchen Strukturen es noch Probleme gibt und wo die Barrieren liegen, die Ärzte davon abhalten, selbst tätig zu werden.

Für diejenigen, die sich in das Thema einlesen möchten, gibt es die Leitlinie „Schwangerschaftsabbruch im ersten Trimenon“ (AWMF-Register-Nr. 015-094) sowie eine begleitende DEGAM-Praxisempfehlung.

* Erfahrungen und Lebenslagen ungewollt Schwangerer – Angebote der Beratung und Versorgung; www.elsa-studie.de

Quelle: Medical-Tribune-Bericht

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