Hypophysenadenom Hormonfunktion und Sehvermögen retten
Hypophysenadenome sind häufig endokrin inaktiv. Der Vorteil: Hormonelle Exzesse bleiben aus. Der Nachteil: Die Tumoren können lange unbemerkt heranwachsen und beträchtliche Größen erreichen. Bei einem Durchmesser > 10 mm spricht man von einem Makroadenom, bei einer Ausdehnung > 40 mm mit suprasellärem Wachstum von einem Giant-Adenom, erklären Privatdozent Dr. Chris Schulz und Kollegen vom Bundeswehrzentralkrankenhaus in Ulm.
Tumor möglichst komplett entfernen
Symptome entwickeln sich aufgrund des langsamen Wachstum oft nur schleichend. Es kommt zu Gesichtsfeldausfällen, Visusreduktion und gestörter Bulbusmotilität. Häufig fällt eine Mindersekretion hypophysärer Hormone auf. Plötzlich auftretende ophthalmologische und endokrine Defizite weisen auf einen extrem großen Tumor oder eine Einblutung (Hypophysenapoplexie) hin und sind als Notfall zu werten.
Um die Funktion des visuellen und endokrinen Systems zu erhalten bzw. wiederherzustellen, muss der Tumor rasch reseziert werden. In früheren Zeiten begnügte man sich mitunter damit, die Adenommasse zu reduzieren, um die Probleme des Patienten passager zu lindern. Heute dagegen gilt die funktionserhaltende (selektive) Komplettresektion auch in der Notfallsituation als Standard. Damit die OP gelingt, braucht man eine gute interdisziplinäre Zusammenarbeit – am besten in einem zertifizierten Spezialzentrum mit 24-Stundenbereitschaft.
Das optimale Armamentarium für Sella-Eingriffe
- moderne OP-Mikroskope zur Visualisierung des Eingriffs
- 4K-fähige Endoskopie-Systeme zur Visualisierung v.a. lateral und kranial hinter den ossären Rändern der Sella
- Neuronavigation zur sicheren Lokalisation der anatomischen Strukturen
- intraoperative MRT zur Kontrolle des Resektionsausmaßes
- intraoperative Tumor-Fluoreszenz zur Markierung des vitalen Tumorgewebes
- intraoperative Mikro-Dopplersonographie zur sicheren Identifikation der A. carotis bei Verlaufsvarianten
- intraoperatives Neuromonitoring (VEP zur Bestimmung der Sehnervenfunktion bei Tumorkontakt zum Chiasma opticum, EMG zur Kontrolle über die Augenmuskelnerven bei Infiltration des Sinus cavernosus)
- intraoperative Hormonbestimmung zur Kontrolle der kompletten Tumorresektion (besonders bei Prolaktinom und STH-produzierendem Adenom)
Ein Fall: Mehrfachresektion bei Giant-Tumor nötig
Quelle Text und Abb.: Schulz C et al. Wehrmedizinische Monatsschrift 2021; 65: 191-198 © Beta Verlag & Marketinggesellschaft mbH, Bonn