Pleuraerguss In welchen Fällen kann auf eine Punktion verzichtet werden?
In über 90 % der Fälle liegt dem Pleuraerguss eine Herzinsuffizienz, ein maligner Erguss, eine bakterielle Pneumonie oder eine Lungenembolie zugrunde, berichten Dr. Jean-Luc Kurzen vom Spital Männedorf und Kollegen. Entsprechende Hinweise findet man oftmals bereits im Rahmen von Anamnese und klinischer Untersuchung:
- Herzinsuffizienz: bilateraler Erguss plus kardiale Vorerkrankung, Ödeme, Hypoxämie, basale Rasselgeräusche, gestaute Halsvenen
- Tumor: Asbestexposition, (Ex-)Raucher, B-Symptomatik, tastbare Lymphknoten
- Infektion: Fieber, Husten und Infiltrate; Herkunft aus Hochprävalenzgebiet für Tuberkulose (bei einseitigem, großem Erguss Verdacht auf tuberkulöse Pleuritis)
- Lungenembolie: einseitige Beinschwellungen, Immobilisation, Dyspnoe, Thrombosen, pleuritische Schmerzen
Bei Verdacht auf einen Pleuraerguss kann ein Röntgen-Thorax Klarheit verschaffen. Allerdings lassen sich mit dieser Methode vor allem Ergüsse ab einer Größe von über 200 ml gut darstellen. Sinnvolle Alternativen bieten Sonografie und (kontrastmittelgestützte) CT. Hinsichtlich der Darstellung von pleuralen Septen, die auf ein Pleuraempyem oder einen fortgeschrittenen malignen Erguss hinweisen können, ist erstere eindeutig überlegen. Lässt sich im Ultraschall ein unklarer, einseitiger Erguss erkennen, steht zur weiteren Abklärung eine CT an, ggf. mit zusätzlichem Lungenembolie-Programm. Bei großen Ergüssen sollte vor der Untersuchung idealerweise eine Drainage erfolgen, da kleine Tumoren sonst unter Umständen übersehen werden.
Einseitigkeit weckt Malignitätsverdacht
Bleibt die Ursache des Ergusses weiterhin unklar, empfiehlt sich eine ultraschallgestützte Pleurapunktion. Die Intervention sollte nur dann erfolgen, wenn die Behandlung der Grunderkrankung nicht zu einer eindeutigen Verringerung des Ergusses führt oder zusätzliche Symptome auftreten.
Besteht der Erguss beidseitig und liegt eine Organinsuffizienz (Herz, Niere, Leber) vor, kann bei asymptomatischen Patienten vorerst auf eine Punktion verzichtet werden. Ein einseitiger Pleuraerguss ohne Hinweise auf einen akuten Infekt sollte bis zum Beweis des Gegenteils als maligner Erguss betrachtet und entsprechend abgeklärt werden.
Das Punktat liefert weitere Hinweise auf die Ätiologie. Bereits die makroskopische Beurteilung kann aufschlussreich sein: Ein Empyem erkennt man sofort an einem rahmartigen, übel riechenden Erguss mit einem pH-Wert < 7,2. Auch ein chylöser Erguss stellt sich trübe dar, zeigt jedoch pH-Werte > 7,4. Ein maligner Erguss ist häufig blutig.
Wichtig ist zudem die Unterscheidung zwischen Transsudat und Exsudat (s. Kasten). In der Regel liegt Transsudaten ein hydrostatisch/onkotisches Problem zugrunde. Bei einer Lungenembolie kann es sowohl zum Trans- als auch zum Exsudat kommen. Die weiteren Ursachen für Exsudate sind breit gefächert: Sie umfassen Malignome, Infektionen, gastrointestinale Ursachen (z.B. Pankreatitis, intraabdominaler Abszess) und rheumatische Erkrankungen (z.B. rheumatoide Arthritis, Lupus erythematodes, Sjögren-Syndrom). Auch Strahlung, Medikamente (z.B. Isotretinoin, Dantrolen, Nitrofurantoin) sowie ein Hämato- oder Chylothorax können Exsudate hervorrufen.
Light-Kriterien unterscheiden zwischen Trans- und Exsudat
Von einem Exsudat ist auszugehen, wenn mindestens eines der folgenden Kriterien erfüllt ist:
- Quotient aus Pleuraprotein und Serumprotein > 0,5
- Pleura-LDH* >⅔der Plasmareferenzwerte
- Quotient aus Pleura-LDH und Serum-LDH > 0,6
Andernfalls handelt es sich höchstwahrscheinlich um ein Transsudat. Die Light-Kriterien haben eine Sensitivität von 93–96 %.
* LDH = Laktatdehydrogenase
Eine genaue Abklärung ist in jedem Fall geboten. Liegt ein Transsudat vor, lassen folgende Parameter Rückschlüsse auf die Grunderkrankung zu:
- NTproBNP (Herzinsuffizienz)
- Transaminasen (Zirrhose)
- Proteinurie (Niereninsuffizienz, nephrotisches Syndrom)
Handelt es sich um ein Exsudat, sind weitere spezielle Laboruntersuchungen und ggf. auch invasive Diagnostik erforderlich (z.B. Pleurabiopsie, Thorakoskopie, CT-gesteuerte Punktion).
Das weitere Vorgehen richtet sich nach Art und Ursache des Pleuraergusses: Bestätigt sich der Verdacht auf ein Empyem oder einen komplizierten parapneumonischen Erguss, sollte direkt eine Thoraxdrainage eingelegt und eine leitliniengerechte antibiotische Therapie begonnen werden.
Bei malignen Ergüssen stehen nach einer ersten therapeutischen und diagnostischen Punktion verschiedene Therapieoptionen zur Auswahl: Sie reichen von Abwarten und ggf. Repunktion, über Pleurakatheter bis hin zur thorakoskopischen Pleurodese. Subkutan tunnelierte Pleurakatheter ermöglichen es heute vielen Betroffenen mit rezidivierenden Ergüssen, ihre Behandlung zu Hause durchzuführen.
Ergüsse, die durch eine Organinsuffizienz bedingt sind, bedürfen meist keiner Intervention, da sie in der Regel unter Behandlung der Grunderkrankung verschwinden.
Quelle: Kurzen JL et al. Swiss Med Forum 2022; 22: 291-297; DOI: 10.4414/smf.2022.08896