Typ-1-Diabetes Kein Zusammenhang zwischen Coronainfektion und Inselzellantikörpern
Es gibt Hinweise, dass Kinder nach einer COVID-19-Infektion häufiger einen Diabetes entwickeln. Doch ob es einen kausalen Zusammenhang gibt, war bislang unklar. Professor Dr. Marian Rewers von der Universität Colorado in Aurora ging gemeinsam mit deutschen Forschenden der Frage nach, ob im Kindes- und Jugendalter nach einer COVID-19-Infektion gehäuft multiple oder einzelne hochaffine Inselzellantikörper nachweisbar sind, die mit einem erhöhten Risiko für eine Diabetesmanifestation innerhalb von fünf Jahren einhergehen. Die Studie umfasste 4.717 Kinder und Jugendliche aus Colorado (Alter 1–18 Jahre) sowie 47.253 Teilnehmende der bayerischen Fr1da-Studie (Alter 1–11 Jahre), die ein Screening auf SARS-CoV-2- und Inselzellantikörper durchlaufen hatten.
Autoantikörper nach Infektion nicht erhöht
In beiden Gruppen war die Prävalenz von Inselzellantikörpern bei vorangegangener COVID-19-Infektion ähnlich hoch wie ohne Viruskontakt: Sie betrug in Colorado 1,18 bzw. 0,91 % (p = 0,43) und in Bayern 0,42 bzw. 0,41 % (p = 0,88). Auch bei Berücksichtigung potenzieller Störvariablen bestand kein signifikanter Zusammenhang zwischen vorangegangener Infektion und Autoantikörpernachweis. 465 bayerische Kinder mit positiver Virusserologie wurden bis zu zwei Jahre nachbeobachtet: Keines entwickelte im Verlauf Inselzellantikörper. Es sei unklar, ob die Inselzellantikörper bei den positiv getesteten Kindern und Jugendlichen bereits vor der Virusinfektion vorlagen oder später auftraten, mahnen die Forschenden. Um zu prüfen, ob SARS-CoV-2 möglicherweise eine klinische Diabetesmanifestation beschleunigt, raten sie, Personen mit vorbestehender Inselzellautoimmunität langfristig zu beobachten.
Solide Fakten statt Panikmache via Twitter
Das Risiko eines autoimmunen Typ-1-Diabetes steigt nicht ursächlich durch die COVID-Infektion – das zeigt die Arbeit der Universität Colorado und des Helmholtz Zentrums München. Anfang des Jahres 2022 war in allen Medien das Gegenteil zu lesen: Ein retrospektiver Assoziationsreport (keine Peer-Review-Studie) des amerikanischen Centers of Disease Control (CDC) mit beachtlichen handwerklichen Fehlern wurde durch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach am 8. Januar 2022 per Twitter verbreitet: „Der CDC-Report zeigt bei Kindern und Jugendlichen nach Covid-Infektion ein erhöhtes Risiko, Diabetes zu entwickeln.“
Es ist den Autor*innen der aktuellen Studie sehr zu danken, dass sie nun den fraglichen pathophysiologischen Zusammenhang zwischen einer COVID-19-Infektion und Typ-1-Diabetes untersucht haben. Hierzu muss man die Autoimmunitätsreaktion bestimmen – hier wurden sogar gleich vier Autoantikörper in zwei unabhängigen Populationen erhoben. Ergebnis: Es besteht keine Assoziation einer SARS-CoV-2-Infektion mit einer zur Entwicklung eines Typ-1-Diabetes führenden Autoimmunität.
Es wäre wünschenswert, dass eine ähnliche Auswertung auch bezüglich eines möglichen Zusammenhangs zwischen mRNA-basierten Impfungen und dem Auftreten eines autoimmunen Typ-1-Diabetes durchgeführt wird. Denn Karl Lauterbach hatte in seinem Tweet auch behauptet: „Ich halte die Impfung für die bessere Lösung, dort sieht man solche Komplikationen [gemeint ist Diabetes] nicht“. Dies ist bisher nicht durch Studien belegt. Es wäre im Gegenteil sogar möglich, dass eine mRNA-Impfung bei prädisponierten Personen eine zu Diabetes führende Autoimmunreaktion auslösen könnte.