Therapeutisches Fasten Kostverzicht mit Kräutertee

Autor: Dr. Susanne Meinrenken

Der temporäre Tausch von fester Nahrung gegen Tee und Brühe zahlt sich für viele aus. Der temporäre Tausch von fester Nahrung gegen Tee und Brühe zahlt sich für viele aus. © Mustafa - stock.adobe.com

Ob Intervallfasten oder eine tagelange restriktive Nahrungszufuhr: Richtig eingesetzt kann therapeutisches Fasten dabei helfen, verschiedenen chronischen Krankheiten vorzubeugen oder diese zu lindern. 

Bei den kürzeren Varianten des Fastens wird die Kalorienzufuhr regelmäßig nur für einzelne Tage auf maximal 500 kcal täglich reduziert. Zu dieser kürzeren Fastenform gehört auch das Intervallfasten („time restricted eating“), also der Verzicht auf Nahrung für täglich viele Stunden. Längere Zeit gefastet wird beispielsweise beim Scheinfas­ten („fasting-mimicking diet“) mit einer Kalorienzufuhr von täglich bis zu 1.000 kcal, beim modifizierten Fasten (z.B. Buchinger-Methode, F.X.-Mayr-Fasten) mit maximal 500 kcal und bei der alleinigen Zufuhr von kalorienfreien Getränken („Water-only Fasting“).

Nach eingen Tagen fällt der Insulinspiegel

Fasten stößt Mechanismen an, die der Alterung sowie entzündlichen Prozessen entgegenwirken können, so die Autoren um ­Etienne ­Hanslian von der Abteilung für klinische Naturheilkunde der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Hierzu gehören die verringerte Produktion von Wachstumsfaktoren oder die Stimulation der Telomerase. Mitochondrien werden „trainiert“, Nervenzellen durch Aktivierung des Brain-Derived-Neurotrophic-Factor (BDNF) gestärkt und die Stammzellbildung vorangetrieben. Außerdem wurden in kleinen Studien günstige Effekte auf das Mikrobiom gezeigt. Nach mehreren Tagen Fasten fallen die Blutspiegel für Insulin und Leptin, während Adiponektin ansteigt; zudem verringern sich z.B. bei rheumatoider Arthritis verschiedene Entzündungsparameter

Heilfasten kommt somit als zusätzliche Therapie bei folgenden Krankheiten in Betracht:

  • essenzielle arterielle Hypertonie
  • KHK
  • Diabetes mellitus
  • manche rheumatische und auto­immunologische Erkrankungen

Möglicherweise lässt sich zudem der Effekt einer Chemotherapie bei bestimmten Tumoren durch Fasten verbessern, da sich dadurch die Stressresistenz gesunder Zellen – im Gegensatz zu Krebszellen − erhöht. Geeignet ist hier aber nur sehr kurzfristiges Fasten. Vermutlich durch die bessere Verfügbarkeit von Serotonin und die Ausschüttung von Endorphinen kann Fasten auch bei leicht ausgeprägter Depression hilfreich sein, ist jedoch bei schwerer Depression kontraindiziert.

Der Mechanismus hinter dem Fasten

Fasten kann eine Lebensstiländerung anstoßen, das Wohlbefinden verbessern und die Selbstwirksamkeit erhöhen. Wird dies mit medikamentösen Maßnahmen kombiniert, können sich vor allem verschiedene chronische, nicht übertragbare Krankheiten positiv beeinflussen lassen. Ein zugrunde liegender Mechanismus hierfür ist, dass mehrtägiges Fasten den Stoffwechsel optimiert: Wer die Energiezufuhr stoppt, veranlasst den Körper zu einem „metabolic switch“ vom Glukosestoffwechsel auf die Verarbeitung von Ketonkörpern. Glykogenspeicher werden geleert, die Lipolyse aktiviert. Durch diese Anpassung fördert Fasten den Autoren zufolge die sogenannte Hormesis (griechisch für Anschub) und damit die Resilienz. Zudem dient Fasten der „Reinigung“: Es ist der stärkste Treiber für die körpereigene Autophagie, also die Lyse gealterter Zellen.

Darm und Leber manuell mitbehandeln

In Deutschland sind die Buchinger-Methode und das F.X.-Mayr-Fasten am weitesten verbreitet. Bei beiden folgen nach einer Vorbereitung die Phase der längerfristigen Kalorienreduktion und abschließend eine Aufbauphase. Wasser, Tee und Brühe sind erlaubt, bei der Methode nach F.X. Mayr auch etwas feste Nahrung. Begleitend haben sich Bewegung, manuelle Behandlung von Darm und Leber sowie weitere naturheilkundliche Maßnahmen als sinnvoll erwiesen. Personen mit Vor­erkrankungen und bestehender Medikation sollten nur unter ärztlicher Begleitung fasten, da sich der veränderte Stoffwechsel auf die Pharmakokinetik auswirkt. Blutdrucksenker und Antidia­betika müssen z.B. reduziert werden, Diuretika sind wegen des Risikos einer Hyponatri­ämie strikt abzusetzen.

Symptomatische Gallensteine und Gicht sind Kontraindikationen

Die symptomatische Hyponatriämie ist eine seltene aber schwere mögliche Nebenwirkung des Fastens. Leichtere unerwünschte Wirkungen, wie Kopfschmerzen, Müdigkeit, Übelkeit oder Kreislaufbeschwerden, geben sich meist nach wenigen Tagen. 

Fasten für Schwangere und stillende Mütter tabu

Gicht oder symptomatische Gallensteine stellen eine Kontraindikation dar, da durch den Ketonkörper-Abbau vermehrt Harnsäure anfällt. Auch Schwangerschaft und Stillzeit, Kachexie, Essstörungen sowie ausgeprägte Leber- oder Nierenerkrankung und fortgeschrittene Demenz sind Gegenanzeigen. 

Erfolgt in Kombination zum Fas­ten eine nachhaltige Lebensstil­anpassung, so hat Fasten den Autoren zufolge bei einer Vielzahl von Krankheiten ein großes präventives und therapeutisches Potenzial. Es fehlen aber randomisierte kontrollierte Langzeitstudien, um die Effekte des Heilfastens genauer zu prüfen.

Quelle: Hanslian E et al. Dtsch Med Wochenschr 2023; 148: 1043-1053;  DOI: 10.1055/a-2119-3516