Milliarden für mechanische Beatmung   Krankenhausmortalität bei über 80-jährigen Patienten deutlich höher als angenommen

Autor: Dr. Susanne Meinrenken

Von rund einer Million beatmeten Krankenhauspatienten starben insgesamt 43,3 % in der Klinik. Von rund einer Million beatmeten Krankenhauspatienten starben insgesamt 43,3 % in der Klinik. © wavebreak3–adobe.stock.com

Deutschland hat mit 29 Intensivbetten pro 100.000 Einwohner etwa sechsmal so hohe Kapazitäten wie Schweden und 40 % mehr als die USA – auch wenn nicht immer alle Plätze genutzt werden können. Möglicherweise wird deshalb die Indikation für eine Beatmung hierzulande relativ großzügig gestellt, meinen Prof. Dr. Christian Karagiannidis von der Lungenklinik Köln-Merheim und Kollegen.

Daten vor, während und nach der Pandemie analysiert

Interessant sind vor diesem Hintergrund neben den Kosten insbesondere die Mortalitätsraten. Erstmals analysierten die Autoren anonymisierte Krankenkassendaten für die Zeit vor, während und nach der Coronapandemie. Einbezogen wurden alle Erwachsenen, die aufgrund unterschiedlicher Diagnosen von Januar 2019 bis Ende Dezember 2022 in Deutschland nichtinvasiv oder invasiv mechanisch beatmet wurden.

Von rund einer Million in 1.395 Krankenhäusern beatmeten Patienten starben insgesamt 43,3 % in der Klinik. Während der COVID-19-Pandemie ergab sich ein Anstieg um fünf Prozentpunkte. Für positiv auf SARS-CoV-2 getestete Patienten belief sich die Mortalitätsrate unter Beatmung auf 53,7 %, während sie für die anderen bei 42,6 % lag. Unter extrakorporaler Membranoxygenierung (ECMO) starben 74–80 % der Beatmeten. Am besten waren die Überlebenschancen für Patienten, die kurzfristig und effektiv nichtinvasiv beatmet werden konnten. Rund ein Sechstel der Patienten war vor Beginn der Ventilation reanimiert worden, in dieser Subgruppe lag die Mortalität bei 78,2 %. Hierzulande wurden mit 1.101 bis 1.275 pro 100.000 Einwohner besonders viele über 80-Jährige beatmet; in der Altersgruppe 18 bis 59 Jahre lag diese Zahl bei 110 bis 123 Personen. 

Den Autoren zufolge beläuft sich der finanzielle Aufwand für die mechanische Ventilation auf etwa sechs Milliarden Euro jährlich, was 0,17 % des deutschen Bruttoinlandsprodukts entspricht.

Aufkommende Zweifel an fallbasierter Abrechnung 

Angesichts der hierzulande im Vergleich häufigen Beatmung sowie der hohen Sterblichkeit stellen die Autoren das deutsche vor allem fallbasierte Abrechnungssystem infrage. Dies könne eine der Ursachen für die hohe Rate an erfolglosen Beatmungsmaßnahmen sein. Für sinnvoller halten sie eine Kostenerstattung, die mehr auf struktureller und personeller Qualität basiert.

Quelle: Karagiannidis C et al. Lancet Reg Health Eur 2024; 42:100954; doi: 10.1016/j.lanepe.2024.100954