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Fertilität Kryokonservierung kommt bei allen potenziell keimschädigenden Therapien infrage

Autor: Maria Weiß

Zum Leistungsumfang gehören alle Schritte des Prozesses. Zum Leistungsumfang gehören alle Schritte des Prozesses. © wikimedia/ SozvezdieL
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Bei allen therapeutischen Maßnahmen, die einen potenziell gonadenschädigenden Effekt haben, muss den Betroffenen heute im Vorfeld eine Kryokonservierung von Ei- oder Samenzellen angeboten werden.

Konkret bedeutet das, dass z.B. Männer mit Verdacht auf einen Keimzelltumor schon vor Therapiebeginn über die Kryokonservierung von Spermatozoen aufgeklärt werden sollen. Bei Azoospermie kommt alternativ die testikuläre Spermienextraktion (TESE) in Betracht, so Prof. Dr. Sabine Kliesch vom Centrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie am Universitätsklinikum Münster. Die TESE ist zudem eine Option für frühpubertäre Jungen, denen eine Samenabgabe noch nicht möglich ist. Das Einfrieren von unreifem Hodengewebe bei präpubertären Jungen ist zurzeit noch experimentell.

Kostenübernahme seit 2021 durch G-BA geregelt

Seit 1. Juli 2021 gilt diesbezüglich die Richtlinie zur Kryokonservierung des G-BA, nach der die Betroffenen die Kosten der Kryokonservierung nicht mehr selbst tragen müssen. Leistungsvoraussetzung ist danach eine gonadenschädigende Erkrankung bzw. keimzellschädigende Therapie. Dies ist nicht auf onkologische Erkrankungen beschränkt, betonte Prof. Kliesch. Aufklärung und Beratung müssen durch den behandelnden Facharzt und zusätzlich durch einen reproduktionsmedizinisch (Frauen) oder andrologisch (Männer) qualifizierten Arzt erfolgen. 

Die Kryokonservierung von Spermien ist bei männlichen Jugendlichen schon ab der Pubertät erstattungsfähig. Die Kostenerstattung durch die gesetzlichen Kassen erfolgt bei Männern bis zum 50., bei Frauen bis zum 40. Lebensjahr. Danach muss selbst bezahlt werden. 

Zu den geplanten Behandlungen mit potenziell keimschädigender Wirkung gehören vor allem die operative Entfernung von Keimdrüsen, Strahlentherapien und potenziell fertilitätsschädigende Medikamente. Einige Patientengruppen bleiben nach dieser Richtlinie aber außen vor, sagte Prof. Kliesch. Das sind beispielsweise Patienten mit angeborenen Störungen der Hodenfunktion und progredienter Verschlechterung wie Klinefelter-Syndrom, adrenogenitalem Syndrom oder Cystinose. Gleiches gilt für Turner-Patientinnen und Menschen mit Geschlechtsinkongruenz oder -dysphorie. Prä- oder frühpubertäre Jungen und Mädchen sind ebenfalls nicht in die Erstattungsregelung eingeschlossen.  

Zum Leistungsumfang gehören Vorbereitung, Entnahme, Aufbereitung, Transport, Einfrieren, Lagern und späteres Auftauen von Keimzellen bzw. Gewebe. Auch die später eventuell erforderliche assistierte Reproduktion ist eingeschlossen.  

Bei der Abrechnung der Kosten bestehen allerdings noch einige Unklarheiten. Das beinhaltet beispielsweise die Umstellung auf Kostenerstattung durch die Krankenkassen bei bereits eingelagerten Proben und die Vergütung, wenn mehrfache Ejakulatabgaben nötig sind.

Quelle: UroAktuell 2022